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Apr 26 2017

Eckehards Zitatenschatz (1)

KHS-Zitateheft von Eckehard Tebbe

Schon vor Jahren hat Eckehard Tebbe mir berichtet, dass er in seiner Zeit an der Klaus-Harms-Schule ein kleines Oktavheft besaß, in welches er Lehrerzitate eintrug. Jetzt hat er es beim Aufräumen tatsächlich wiedergefunden.

„Vor allem sind sie natürlich von Dr. Buhtz (– war mein Lieblingslehrer), es ist aber auch was dabei von Krassows Gestammel und auch was von Pankalla. Vielleicht erinnern sich andere auch gern daran. Ich hänge mal den ersten Teil an.“

Dr. Buhtz (1)

Dr. Georg Buhtz - Foto: Manfred Rakoschek (1968)

„Da fällt mir ein: Sie müssten eigentlich noch etwas kennenlernen, bevor Sie hier die Anstalt verlassen.“

– vor dem Abi: „Wenn dann die Schlacht ausbricht, dann halten Sie fürchterliche Musterung unter den Argumenten, die Sie haben …“ „… damit Sie nicht schreiben wie der kleine Max …“

„Ich werd‘ mich nun hauptsächlich mit der Hin-Richtung auf die Leute befassen, die abweichende Zensuren haben.“

– zu Kafka: „Er muss einer Art von Verfolgungswahn nicht sehr fern gestanden haben! Er hatte sich in einen Käfer verwandelt. Das war natürlich für alle Beteiligten äußerst unerfreulich.“ (verschmitzt lächelnd:) „Nehmen Sie das um Himmels willen ernst.“

– zu Faust: „Er wäre ja schon ganz zufrieden gewesen, wenn er im Jet-Bomber hätte sitzen können.“

„Haben Sie noch eine Frage, entweder überhaupt oder zu den Absätzen, die Sie gelesen haben?“ „Ja, Seite 2 unten.“ „Aber da steht doch nur ‚Satz: Druckerei Hugo Haßmüller‘.“

„Früher hab ich immer gefragt, was die Schüler so gelesen haben, aber jetzt frag ich nicht mehr …, seitdem sich herausstellte, dass jemand ‚Angelique‘ gelesen hatte.“

„Hören Sie um Himmels willen zu! Ich bin doch nicht als Alleinunterhalter engagiert. Reden Sie also nicht dauernd, dann können Sie doch nicht aufpassen.“ „Ich bitte Sie, die Aufregung auf das menschenwürdige Maß herunterzuschrauben.“ „Wollen Sie mich hier dermaßen deprimiert zurücklassen?“

„Ich möchte in meiner schlichten Art auch noch was hinzufügen … Die Tiefenpsychologie, so in den Kellern der Seele, die kommt da doch zu erstaunlichen Dingen.“ „Ja, auf dem Grunde der Seele, da brodelt und gärt es, nich‘ … da haben wir Gärungen und Blasen in uns, und deshalb ist uns schlecht.“ „Im Innersten der Seele hegt der Mensch doch grässliche Wünsche. Sie kennen doch sicher den Ödipuskomplex. Da wollen dann die Söhne ihre Väter ermorden … um mit der Mutter intime Beziehungen zu pflegen.“

– zu Kindern:

(um sie beim Einkaufen ruhig zu halten:) „Dann gibt es da als Zugabe einen Lolli, oder das Kind darf mal Rolltreppe fahren.“

(zum Fernsehverhalten:) „Da sitzt nun der Kleine mit einem Blechrevolver vorm Fernseher und wartet darauf, dass der nächste satt gemacht wird. Und später sucht er sich dann seine Freunde zusammen, und sie machen dann Unerfreuliches.“

„Früher haben sich die Kinder einen Strumpf als die Königin von Saba vorgestellt. Heute kriegen sie schon die Königin von Saba selbst, so mit Haar und … alles …“

„Heute morgen bin ich … nun ja … von einer rechten Albernheit erfüllt …“

10 Kommentare

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  1. manfred rakoschek

    bitte reden sie nur sachdienliches

  2. Sabine Brunckhorst-Klein

    Danke Eckehard und Achim,
    wenn ich diese Sätze lese, sehe ich Herrn Dr. Buhtz fast vor mir: Er war wirklich so unfassbar distanziert, selten habe ich jemanden ähnlich erlebt. Würde strahlte er aus, war süffisant und nachhaltig beeindruckend. Ich erinnere mich gut, dass ich mir jeweils vor Beginn eines neuen Schuljahres gewünscht habe, ihn in Deutsch oder Englisch als Lehrer zu bekommen. In der Oberstufe war Deutsch-Unterricht bei Herrn Dr. Buhtz auch voller philosophischer Themen.
    Neben Herrn Reinhardt war er der Lehrer, an den ich mich auch nach der Schulzeit noch gerne erinnerte.

    1. Sabine Brunckhorst-Klein

      … einen 3. Lieblingslehrer möchte ich hier aber auch nicht vergessen: Werner Blieske. Auch er hinterließ bei mir großen Eindruck. Er weckte meine Liebe zu Bertold Brecht. Außerdem habe ich ihn weltoffen, kritisch und sozial engagiert in Erinnerung, alles Attribute, die bei mir viel Resonanz fanden.

  3. Nicolaus Schmidt

    Lieber Eckehard,

    super! Buhtz hat auch mich zutiefst beeindruckt.
    Wie gut, dass Du den Zitatenschatz gefunden und veröffentlicht hast.
    Ich hatte etwas ähnliches mit Schuberts Ergüssen gemacht, seine Ohne-Punkt-und-Komma-masurischen-Erinnerungen mitgeschrieben.

    Heute würde man das, was einige unsere Lehrer darboten, Performances nennen …

    1. Eckehard Tebbe

      Hallo Nicolaus,
      da weckst du ein großes Interesse bei mir, denn Schubert haben wir ja auch genossen. Hast du diese Aufzeichnungen noch? Da ich viele Dinge von früher aufschreibe, helfen mir Zitate, Anekdoten, Fotos u.ä. sehr dabei, Erinnerungslücken zu füllen. Viele Stories etc. finde ich natürlich hier bei Achim, und es wäre wahnsinnig nett, wenn auch andere erwähnenswertes oder auch beiläufiges ‚Material‘ zur Verfügung stellen würden. Gerade mir, der ich ja nur 10 Jahre in Schwansen gewohnt habe, also noch nicht einmal in Kappeln, fehlen da viele Dinge, die andere noch viel besser im Kopf haben.
      Liebe Grüße, auch an alle anderen.

      1. admin

        Hallo Eckehard, ich habe den Text schon 2012 von Nicolaus bekommen. Aber da ich ihn im Hinblick auf die Anzahl und Zusammensetzung der damaligen Besucher etwas zu chaotisch fand, habe ich ihn erst einmal ruhen lassen. Jetzt sind deine wunderbaren Zitate ein willkommener Anlass, auch Herrn Schubert zu Wort kommen zu lassen. Geht in Kürze los.

        1. Eckehard Tebbe

          Danke, ‚etwas chaotisch‘ kommt mir sehr entgegen …

  4. Runa Borkenstein

    Sehr wunderbar und witzig, dieser Schatz!
    Schade, dass ich Dr. Buhtz nicht (oder kurz?) erlebt habe,
    denke aber immer an ihn, wenn ich das Haus mit dem blauen Dach sehe :)

  5. Katr!n Wummel

    Ich erinnere mich auch gerne daran, naja, an einiges ;-)
    Dr. Buhtz war auch einer meiner Lieblingslehrer. Ich erinnere mich an seinen Faible für Fontane („Das ist ein weites Feld, Luise“).
    Danke, Eckehard :-)

  6. Karl-Erich Henrici

    Phänomenal. Das musste festgehalten werden. War auch mein Lieblingslehrer, auf jeden Fall der witzigste, wenn nicht sogar des geistreichste.

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