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Feb 16 2012

Pasche Klüver (2)

Für den ROTSTIFT Nr. 19 (Frühjahr 1969) führte die damalige Chefredakteurin Elisabeth Gregersen ein ausführliches Gespräch mit dem neuen SchuIleiter der Klaus-Harms-Schule, Oberstudiendirektor Pasche Klüver.

Interview mit unserem „Chef“

»Bitte schildern Sie mir kurz Ihren Lebenslauf.

ROTSTIFT Nr. 19 (Frühjahr 1969)

1924 wurde ich in Hamburg geboren und bin dort auch zur Schule gegangen. Ich habe die Grundschule und die Schleeschule in Altona besucht. 1942 wurde ich Soldat und 1945 bin ich als Leutnant entlassen worden. Während des Krieges verlor ich mein rechtes Auge. Von 1946 bis 1950 studierte ich an der Universität in Hamburg. 1952 machte ich mein Staatsexamen in Latein und Geschichte.

Am 1. Dezember trat ich in den Schleswig-Holsteinischen Schuldienst in Kiel als Referendar ein, wurde aber bald darauf an die Kaiser-Karl-Schule in Itzehoe versetzt, wo ich einen Lehrauftrag bis 1954 hatte. Dann ging ich an das Studienseminar nach Flensburg und wurde im September Assessor. Von Oktober 1954 bis zum Oktober 1964 war ich hier an der Klaus-Harms-Schule und dann bis 1968 in Satrup. Inzwischen war ich 1957 Studienrat und 1964 Oberstudienrat geworden. 1968 wurde ich dann als Direktor dieser Schule eingesetzt.

Ich bin seit 1945 verheiratet und habe vier Kinder: Eine Tochter, die an der PH in Flensburg studiert, zwei Söhne, in der Obertertia und im 3. Schuljahr, und eine Tochter, die noch in den Kindergarten geht.

Hatten Sie einen besonderen Grund Lehrer zu werden und wollten Sie schon immer Oberstudiendirektor werden?

Daß ich immer Oberstudiendirektor werden wollte, möchte ich nicht sagen. Aber ich bin mit Überlegung Lehrer geworden. Wenn man mit Begeisterung dabei ist, dann möchte man auch eine Schule ein wenig nach seinen eigenen Ideen gestalten. Ich bin der Meinung, ein Direktor heute an einer Schule hat doch sehr viele Möglichkeiten; so stark sitzt das Kultusministerium einem nicht im Nacken, als daß man das Gefühl haben müßte, man führe nur deren oder dessen Befehle aus.

Über welche Eigenschaften sollte man Ihrer Meinung nach verfügen, um das Amt eines Schulleiters innezuhaben?

Das ist natürlich sehr schwer zu beantworten, weil ich mich da selbst preisen müßte. Die Grundvoraussetzung ist, ein wirklich begeisterter und überzeugter Lehrer zu sein. Man muß Freude an der Arbeit mit jungen Menschen haben und das Bedürfnis, ihnen irgendwie etwas weiter zu geben. Sicher kommt hinzu, daß man ganz ohne organisatorisches Talent dieses Amt nicht übernehmen kann. Außerdem besteht die Arbeit eines Direktors zu einem großen Teil aus Verwaltungsarbeit. Wenn man nun dazu gar kein Verhältnis hat, dann sollte man lieber kein Direktor werden.

Wie gestalten Sie Ihr Verhältnis zu den Schülern?

Was sagen Sie speziell von der SMV?

Rotstift Nr. 19 - Pasche KlüverIch habe schon immer versucht, ein enges Verhältnis zu den Schülern zu haben. Auch ich machte mir als junger Lehrer falsche Vorstellungen. Als ich hier meine erste Klasse als Klassenlehrer bekam, da meinte ich also, meinen Schülern so etwas wie ein zweiter Vater sein zu müssen. Je älter meine Schüler wurden, desto distanzierter wurde das Verhältnis zwischen uns, was nicht heißen soll, daß wir nicht miteinander gut auskamen. Über ein gewisses Maß ging es nicht hinaus, und ich habe eingesehen, daß es so besser ist. Die Schüler der Oberstufe brauchen einen Raum für sich, wo der Lehrer nichts zu suchen hat. Sie wollen nicht, wenn sie mal ein Bier trinken, unbedingt einen Lehrer dabei haben, weil sie das Gefühl nicht ganz überwinden können, daß der da doch sitzt, um auf sie aufzupassen. Ich meine, diese Freiheit und diesen Raum sollte man den Schülern zubilligen.

Die SMV betrachte ich als eine sehr gute Einrichtung. Wenn sie häufig nicht das geworden ist, was die Gründer sich gedacht haben, liegt es zu einem großen Teil an den Schülern selbst. Der Aktive muß immer gegen die Gleichgültigkeit und den Stumpfsinn seiner Mitschüler kämpfen. Das große Problem liegt nicht darin, daß es nicht genügend Aufgaben für die SMV gibt, sondern daß überhaupt ein großer Teil der Schüler nicht bereit ist, aktiv mitzuarbeiten.

Wie stellen Sie sich die ideale SMV vor?

Der SMV-Erlaß, der sicher in manchen Punkten reform- und verbesserungsbedürftig ist, bietet sehr viel Spielraum. Wenn Sie nun einmal an eine Zeit vor 50 Jahren denken, dann wäre es unvorstellbar gewesen, daß etwa Schüler zu Lehrerkonferenzen mit Sitz und Stimme zugelassen sind. Ich stelle mir die SMV so vor, daß sie wirklich von dem größeren Teil der Schüler getragen wird. Mit ihr möchte ich wirklich einiges auf die Beine stellen, nicht, daß ich ihr sagen möchte, was sie tun soll. Aber ich möchte sie bei allem Beginnen unterstützen und würde mich freuen, wenn sie mit Ideen käme und etwas unternähme.

Haben Sie an einigen Punkten des SMV-Erlasses nichts auszusetzen, z. B. halten Sie es für richtig, daß die politischen Schülergruppen an den Schulen verboten werden? Glauben Sie nicht auch, daß man sich schon in der Jugend politisch engagieren sollte?

Rotstift Nr. 19 - Pasche KlüverIch glaube, das sind zwei Fragen, die wir besser voneinander trennen sollten. Ich bin fest der Meinung, daß man sich möglichst frühzeitig politisch engagieren und betätigen sollte. Ob das nun allerdings schon in einem verhältnismäßig frühen Alter in einer parteipolitischen Richtung sein sollte, darüber kann man sich natürlich streiten. Meiner Ansicht nach müssen die jungen Leute erst einmal hier und da hineinhören, um sich überhaupt ein Urteil bilden zu können. Sie können nicht schon mit 16 Jahren fest sagen, ob sie z. B. die Richtung der CDU, NPD oder SPD einschlagen wollen. Mir scheinen da Gruppierungen wie etwa die Jungen Europäischen Förderalisten ein gutes Feld zu bieten, wo man zu diskutieren und sich im politischen Raum zu bewegen lernt. Ich weiß auch nicht, wie weit solche politischen Gruppen in die Schule hineinwirken sollten. Ich hätte im Grunde genommen nichts dagegen, wenn sich hier in unserer Schule politische Gruppen betätigten, und ich würde ihnen gerne am Nachmittag Räume zur Verfügung stellen. Ich halte es aber nicht für angebracht, wenn sie beispielsweise in der großen Pause Versammlungen abhalten.

Die Sache ist sowieso zweischneidig. Auf der einen Seite können die Schüler sich außerhalb der Schule politisch betätigen und, wer etwas weiter geben will, wird es seinen Klassenkameraden oder Freunden auf dem Schulhof, vor oder auch in der Stunde so oder so erzählen. Also, ich würde keinerlei Hinderungsgründe sehen.

Was halten Sie von der Gesamtschule? Ich glaube, die CDU ist dagegen, einen Versuch mit der Gesamtschule durchzuführen. Können Sie vielleicht den Aufbau dieses Komplexes für unsere Leser erläutern und kurz Stellung dazu nehmen?

Das Problem „Gesamtschule“ ist leider etwas in den parteipolitischen Rahmen gerutscht, wie Sie es in Ihrer Frage schon andeuteten. Vom pädagogischen Standpunkt scheint mir die Gesamtschule einfach zu wenig erprobt zu sein, als daß man nun sagen könnte, ich bin für oder gegen die Gesamtschule. Solange nicht an mehreren Stellen Versuche mit der Gesamtschule einmal voll durchgelaufen sind, d. h. vom 5.-13. Schuljahr einschließlich, und man die Ergebnisse von einem unabhängigen Gremium hat prüfen lassen, kann man nicht das ganze Schulwesen auf Gesamtschule umstellen. Ich bin der Meinung, daß sich unser dreigliedriges Schulsystem durchaus bewährt hat und vor allen Dingen, daß es ausbaufähig ist. Ich strebe zusammen mit dem Kollegium eine enge Zusammenarbeit mit der Real- und Volksschule hier am Orte an. Wenn das so zustandekommt, dann haben wir zwar nicht die Gesamtschule, aber doch eine Zusammenarbeit zwischen den Schulen. Das betrifft nun besonders das 5. und 6. Schuljahr, wo sich die Gelehrten nicht ganz einig sind, ob man die Begabung der Kinder schon im 4. Schuljahr voll erkennen kann oder erst nach dem 6. oder noch später. Wenn ich da unsere Sexten sehe, kann ich mir manchmal schwer vorstellen, daß wir noch sehr viele Begabungen vergessen haben. Aber es muß die Möglichkeit geben, daß ohne große Schwierigkeiten und Schmerzen für den Einzelnen, ein Übergang vom Gymnasium zur Realschule oder von der Realschule zur Hauptschule möglich ist. Wenn sich herausgestellt hat und es nachgewiesen ist, daß die Gesamtschule für die Ausbildung der Schüler besser ist, dann bin ich für die Gesamtschule, aber erst dann.

Welches sind Ihre Lieblingsschriftsteller und weshalb?

Oh, ich weiß gar nicht. (Gelächter) Ich habe gar keine Lieblingsschriftsteller. Vielleicht darf ich es als Schockwirkung sagen, ich lese gelegentlich gern einen Kriminalroman.

Wenn ich an Ihre Einführung denke, fällt mir ein, daß Kappelner Persönlichkeiten mit vielen Wünschen an Sie herantraten, ich denke da z. B. an Stadtvertretung, Ortsjugendring, Volkshochschule usw. Meinen Sie, daß Sie für solche Aufgaben bzw. Ehrenämter noch Zeit haben werden?

Sicher nicht in der Fülle, aber ich bin der Ansicht, daß es eine Pflicht ist, Ehrenämter zu übernehmen, und ich werde mir diese Zeit nehmen.

Welches Gebiet könnte Sie besonders reizen?

Die Beschäftigung mit den politischen Fragen, speziell mit der Kommunalpolitik.

Welche Pläne haben Sie für Ihre Zukunft entwickelt?

Mein größter Wunsch wäre, wenn man nach meiner Amtszeit von mir sagen könnte, daß ich ein guter Direktor gewesen bin.

Können Sie mir die genaue Anzahl der Schule aus dem Gedächtnis sagen?

Es sind zur Zeit 367 Schüler.

Ich bedanke mich bei Ihnen und möchte Ihnen im Namen aller ROTSTIFT-Leser alles Gute und viel Erfolg wünschen.

e. g.«

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An den Häuptling!

Die letzten Jahre von Herrn Klüver in der Schule

1 Kommentar

  1. Anik Kähler

    Ich freue mich, dass sein Wunsch in Erfüllung gegangen ist und dieses auch hier nachzulesen ist.

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