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Aug 18 2013

Der Beat (1967)

„Es ist statistisch nachgewiesen, daß die Jugendkriminalität seit Bestehen des Beats erheblich gesunken ist.“

Als Ergänzung zu euren „Beatlemania“-Kommentaren hier ein Originalbeitrag aus dem
ROTSTIFT Nr. 16 vom Dezember 1967. Gute Unterhaltung! bigsmile


Der Beat

Gedanken anläßlich eines Klassenfestes

»Am 28.1.1967 feierten wir unser Klassenfest. Zum Tanz spielte eine junge Band, die sich die „Ravels“ nannten. Ihre Musik bestand zum größten Teil aus Beat.

Klaus-Harms-Schule - The Ravels in der Aula (1967)

Beat? – Was ist das eigentlich?

Die Beatmusik entstand vor ein paar Jahren in England. Sie ist von rhythmischen Effekten, die ursprünglich aus der Negermusik stammen, geprägt. Über den Jazz entwickelte sie sich dann zu einer speziellen Musikart. Diese hatte ihren Höhepunkt vor ein paar Jahren mit den Beatles. Sie waren die erste Gruppe, die den Beat populär machte. Die besonderen Kennzeichen dieser Musik sind:

  1. die Bildung von Gruppen,
  2. der Vorrang der Gitarre und des Schlagzeuges und
  3. der elektro-akustische Sound.

Viele junge Leute, die von dieser Musik angeregt werden, schlossen sich, ebenso wie die Beatles, zu Gruppen zusammen und versuchten, es ihren Vorbildern nachzumachen. Da unter ihnen aber auch welche waren, die wenig von Musik verstanden und so mit Verstärkern und Lautsprechern den Beat zu einer sinnlosen und ungeordneten Krachmacherei ausarten ließen, erweckten sie besonders bei den älteren Leuten, die noch an die frühere, d. h. an die mehr durch das Melodische betonte Musik gewöhnt waren, ganz falsche Urteile. Es ist aber sicher, daß der Beat auch seine Vorteile hat.

Er besteht aus mehr oder weniger einfachen Harmonien, denen eine bestimmte Ordnung zugrunde liegt. Dazu wird meistens ein englischer Text gesungen. Die Songs sind genau durchdacht und in sich gegliedert.

Die jungen Leute widmen sich ernsthaft der Musik und finden ihre Freude daran. Es ist statistisch nachgewiesen, daß die Jugendkriminalität seit Bestehen des Beats erheblich gesunken ist. Die Musik nimmt soviel Zeit in Anspruch, daß sie nicht auf „dumme Gedanken“ kommen, sondern ihre ganze Freizeit für dieses Hobby verwenden. Es entsteht bei ihren Zusammenkünften ein Kameradschaftsbewußtsein, oft sogar Freundschaft. Indem sie üben, entdecken viele ihre musikalische Begabung und werden dadurch angespornt. Sie üben weiter und bringen es so zu etwas.
ROTSTIFT Nr. 16 (Dezember 1967)
Der Beat äußert sich aber nicht nur in einer besonderen Musikart, sondern findet auch ln der Mode seinen Ausdruck. So wurden beispielsweise viele Kleidungsstücke nach den neuen Tänzen benannt. Ebenso sind die langen Haare ein typisches Merkmal des Beats. Man erkennt allein an der Vielzahl der begeisterten Besucher, die bei einem Beat-Konzert zusammenströmen, daß diese Musik etwas Positives an sich haben muß, das die jungen Leute anzieht. Hat eine Gruppe es erst soweit gebracht, daß ihr die Massen zulaufen, ist ihr eine gute Möglichkeit gegeben, sich bei öffentlichen Auftritten zusätzlich Geld zu verdienen.

Wir meinen, daß schon aus diesen wenien Gründen hervorgeht, daß die Beatmusik keineswegs den Charakter eines jungen Menschen negativ beeinflussen kann, sondern vielmehr eine „Masche“ ist, die viele gute Eigenschaften hat.«

10 Kommentare

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  1. Wolfgang Jensen

    Weiß man eigentlich, wer diesen Rotstift-Artikel seinerzeit verfasst hat?

    1. Hartmut Stäcker

      Unter dem Artikel steht kein Name und kein Kürzel, aber ich kann ja mal Chefredakteurin Lieschen Gregersen fragen, ob sie sich erinnert.

  2. Ulli Erichsen

    Meine schöne Framusgitarre hatte ich leider an Gurke Rust verkauft. Heute hätte ich sie gerne wieder. Schade, schade.

    1. Wolfgang Jensen

      John Lennon hatte eine Framus, Bill Wyman auch eine (Bass-) Framus und ich meine auch Jan Akkerman von Focus („Hokus Pokus“) hatte eine. Da wärst Du in guter Gesellschaft gewesen. Daher ist das „Schade, schade“ durchaus angebracht.

    2. Heino Küster

      Meine Framus (12-string) habe ich noch. 1974 in München für DM 690,- gekauft.

      1. admin

        Ich auch. Gekauft in Kiel 1970. Preis weiß ich nicht mehr, lag wohl auch so bei 600-700 DM.
        framus

    3. admin

      Na, daraus wird ja wohl nichts mehr, wie man so hört … :-(

  3. Eckehard Tebbe

    Ja, es war damals im Grunde alles total brav und bieder, trotz zunehmender Haarlänge und Lautstärke. Aber die Elterngeneration hatte noch die Trümmerfelder nach den Bill Haley-Saalschlachten im Kopf, auch den wilden Marlon Brando, und die Stones-Konzert-Begeisterung wurde deshalb durch Massen von grimmigen Saalordnern eingedämmt. Wie konnte man auch solchen ungewaschenen Typen und ihrer einfallslosen, erbärmlich primitiven Rebellenmusik zujubeln, die nichts bot außer stupide hämmernden, unanständig ekstatischen Beats …
    Aber wir haben uns doch darüber gefreut, dass sie die Revolte auch von uns erwartet haben und uns irgendwie stolz ins Fäustchen gelacht …
    … eine tolle Zeit damals …

    1. Wolfgang Jensen

      Meine „Revolte“ sah so aus, dass ich das, was die meisten mochten, eben NICHT mochte. Also, statt der Beatles die Searchers, die Hollies oder Paul Revere & The Raiders, statt der Stones Sky Saxon & The Seeds oder die Pretty Things. Aber die Musikszene damals war überschaubar und persönlich, im Gegensatz zu heute. Und es war eine schöne Zeit damals. Da hast Du vollkommen Recht, Eckehard!

  4. Ulli Erichsen

    also: Beat ist doch kein Schiet.

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