«

»

Sep 01 2015

Buchtipp – Dietrich von Horn

Jetzt möchte ich euch endlich das Buch vorstellen, das ich in den letzten Beiträgen bereits angekündigt habe, und zwar mit einer umfangreichen Leseprobe.

Der Verfasser – Dietrich von Horn – wurde 1944 in Hohenstein im Kreis Eckernförde geboren. Später zog er mit seiner Mutter und seinem Bruder Rüdiger nach Damp und anschließend nach Börentwedt. An diesen beiden Orten verbrachte er von 1951 bis 1955 seine Grundschulzeit.

Danach besuchte er von 1955 bis 1961 die Mittelschule in Kappeln. Seine Erinnerungen – auch an diese traumatische Episode seiner Kindheit und Jugend – schildert er auf sehr lockere, freche, lebendige und witzige Art in seinem Roman

Dietrich von Horn - Immer is’ was!Immer is’ was!

2013 Verlag CH. SCHROER,
ISBN 978-3-95445-012-1, 160 Seiten, 9,99 €

Wegen des Umfangs des Textes, in dem die sechsjährige Mittelschulzeit beschrieben wird, waren für diese Leseprobe leider radikale Kürzungen unausweichlich. Dabei sind auch viele der unzähligen jugendlichen Sprüche, Spielchen, Dialoge, Schlagerzitate usw. meiner „Entf“-Taste zum Opfer gefallen, was letztlich dem Originaltext nicht gerecht wird. Aber vielleicht macht das, was ihr hier lest, ja Lust auf mehr.

Ich selbst habe das komplette Buch mit großem Vergnügen verschlungen, wobei sich allerdings ein leichtes Gefühl eingestellt hat, als wäre das vielleicht eher was für große Jungs als für die weibliche Leserschaft – aber wer weiß?

Für alle, die auch noch ein bisschen Rätselspaß haben wollen, sind die vorkommenden Lehrernamen durch Pseudonyme ersetzt.

Zu erraten gilt es die wirklichen Namen dieser acht Personen: Biermoser, Hartmann, Klug, Lehmann, Meyer, Paulsen, Steffen und Wissmann.

Bevor es nun endlich losgeht, noch einmal ganz herzlichen Dank an den Autor Dietrich von Horn für die Überlassung des Manuskripts. Und jetzt viel Spaß beim Lesen!

Dietrich von Horn
„Immer is’ was!“

Als die Grundschulzeit vorbei war, sollte ich auf das Gymnasium nach Kappeln. Es gab eine Aufnahmeprüfung.
„Wenn auf einem Würfel sechs Punkte zu sehen sind, ist auf der Rückseite nur ein Punkt, bei Fünf sind zwei auf der Rückseite und bei vier drei. Wenn man drei Würfel aufeinander legt, wie viel Punkte liegen dann insgesamt übereinander?“ Keine Ahnung. Dieter Prüß wurde angenommen, ich nicht.
„Dann musst du eben zur Mittelschule“, sagte Mutter.

Von nun an holte uns jeden Morgen ab Viertelvorsieben ein rostrotbrauner Bus von der Haltestelle ab. Kalter Rauch, Schweiß und Ausdünstungen von regennasser Kleidung hingen in der Luft des Busses.
Der Bus fuhr über Thumby, Sensby, Winnemark, Karlsburg, Karby und Kopperby nach Kappeln. An jeder Station stiegen Leute ein, bis der Bus bis zum Platzen voll war. In Kappeln ging es mir so schlecht, dass ich erst einmal hinter die Hecke eines Kleingartens kotzen musste.
„Du bist aber auch empfindlich!“
„Ja, bin ich. Was dagegen?“

In der Klasse waren über 50 Schüler. Gleich am Anfang der Schulzeit kriegte ich von Herrn Meyer eine gescheuert. Das war der Konrektor. Der sah so alt aus, als wenn er schon den ersten Weltkrieg mitgemacht hätte. Diese alte Arschgeige. Dabei hätte ich mir fast in die Hosen gepinkelt, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte. Der hat für immer bei mir verschissen, bis in die Steinzeit. Das kann ich ihm schriftlich geben. Manchmal fing er schon auf dem Flur an, mathematische Kettenaufgaben zu stellen. Im Klassenraum sagte er dann:
„Multipliziert mit Null plus sechs. Was kommt raus?“
Hoffentlich nimmt er mich nicht ran. Weiß ich doch nicht.
Mit Lehrern streiten kam mir nicht in den Sinn. Das wäre ja auch viel zu anstrengend gewesen. Immerhin erlaubte ich es mir heimlich, sie blöd, langweilig, doof oder ungerecht zu finden.
„Das ist ja hier ein Krach wie in einer Judenschule!“

Wieder zu Hause kletterte ich auf meinen Baum, von dem ich die Mühle von Kappeln sehen konnte. Unten lief meine Mutter herum und rief ganz aufgeregt nach mir. Ich sollte wohl Hausaufgaben machen. Ich ließ sie rufen.

Kaufmann Berger kam mit seinem Lieferwagen und durfte auf dem Pausenhof Milch, Kakao und Negerküsse verkaufen.
„Kauf dir man ruhig ein Milchgetränk, das ist gesund!“
Ich kaufte mir für das Geld Negerküsse. Die mitgegebene Butterstulle, eingepackt in Butterbrotpapier, flog mit schlechtem Gewissen in den Mülleimer.

Aus dem Neckermannkatalog durfte ich mir einen Plattenspieler bestellen. Meine erste Platte war der „River-Kwai-Marsch“. Das ist nicht gerade die Platte, mit der man später angeben kann, wenn man danach gefragt wird, welches die erste Platte war, die man sich gekauft hat. „Toll, dass du das schon damals gehört hast.“
Mutter kaufte sich „Der lachende Vagabund“ von Fred Bertelmann. Das Lied begann mit einem sehr aufgesetzten Lachen und endet auch so:
„Was ich erlebt hab, das konnt‘ nur ich erleben. Ich bin ein Vagabund.“
Absolut peinlich. Vielleicht mal die Platte fallen lassen und drauf treten.
„Oh, das tut mir aber leid, das wollte ich nicht.“
Peter Schmidthäuser hörte andere Musik. Sein Vater war Seemann und brachte die neuesten Platten aus England und Amerika mit: „Skinny Minny“ von Bill Haley, „Wear My Ring Around Your Neck“ von Elvis und „Sweet little Sixteen“ von Chuck Berry.
„Alles andere ist doch absolute Scheiße! Schwöre, dass du nie wieder was anderes hörst, nie wieder deutsche Schlager.“
„Ich schwöre.“
Ich lieh mir seine Platten aus. Spielen konnte ich sie nur, wenn Mutter nicht zu Hause war, sonst hätte sie wieder gesagt:
„Junge, muss das denn sein. Hör doch mal was Vernünftiges.“

Klassenfahrt nach Rantum 1957Herr Paulsen war mein Klassenlehrer, aber deshalb noch lange nicht mein Freund. Er machte Mathematik und Sport. In Mathe nervte er ständig mit Dreisatz, Bruchrechnung und mit gleichnamigem Nenner suchen. Er war jähzornig.
„Das ist doch ganz leicht. Theo, stell dich mal auf den Tisch und zähle die Schüler der Klasse. Also was macht er? Er ist der Zähler und er benennt euch. Also, der Zähler steht oben und der Nenner unten.“
Häufig machte er den Mathematikunterricht im Trainingsanzug. Wenn er gut drauf war, sprach er von sich als Ernst Paulsen. Aber duzen durfte man ihn nicht. Wenn einem mal ein „du“ rausrutschte, kriegte er ganz schmale Augen und sagte:
„Haben wir zusammen in der Sandkiste gespielt?“
Und wenn ich mal wieder an der Tafel etwas vorrechnen sollte, was ich nicht konnte, guckte er mich lange an und sagte:
„Friss Vogel oder stirb!“

Schorsch Schmidt musste die Strecke nach Kappeln mit dem Rad fahren, auch im Winter. Seine Mutter hatte kein Geld für eine Monatskarte. Herr Paulsen gab ihm einmal links und rechts was an die Backen. Ich hatte Angst, dass die Fixoflexarmbanduhr von seinem Handgelenk fliegen würde. Sie saß ihm schon auf der Handwurzel. Bloß schnell weg, sonst kriegt man noch die Armbanduhr an den Kopf.
Dann war es Mode, Krampen aus Papier mit dem Gummiband zu schießen. Daraufhin wurde eine unangekündigte Taschendurchsuchung durchgeführt.
„In deiner Tasche sieht es aus wie Kraut und Rüben. Das ist ja polnische Wirtschaft. Du bist doch ein deutscher Junge.“
So ein Saftsack, was glotzt der in meine Tasche. Und überhaupt, was ist denn polnische Wirtschaft? Bestimmt was Schlimmes.
Im Englischbuch war ein Bild von englischen Schülern. Vor ihnen ging die Queen vorbei. „Was fällt euch auf?“ fragte Herr Lehmann, der Englischlehrer.
„Nichts? – Na, das ist doch klar, die Schüler stehen alle sehr entspannt da. Einige haben sogar ihre Hände in den Hosentaschen. Das könnte in Deutschland nicht passieren.“
Herr Lehmann war in Stalingrad gewesen, war aber noch aus dem Kessel herausgeflogen worden, weil er schwer verwundet war. Wieso war der im Kessel? Man merkte, dass es ihm Spaß machte, Kinder zu unterrichten. Vielleicht musste man erst in der Hölle gewesen sein, um sich den Menschen zuwenden zu können.

Im Kino lief: „Wir Wunderkinder“. Da spielten Hans-Jörg Felmy und Robert Graf mit. Die Geschichte handelt von einem Naziarsch, der nach dem Krieg wieder ein erfolgreicher Geschäftsmann wird. Am Ende macht er die Tür zu einem kaputten Fahrstuhl auf und stürzt in den Tod. Wolfgang Neuß sagt dann: „So viele nicht reparierte Fahrstühle kann es gar nicht geben, wie es noch Nazis in Deutschland gibt.“

Der Schulleiter Herr Hartmann trug immer einen schwarzen Streifenanzug. Die Haare hatte er mit Pomade nach hinten gekämmt. Er sagte: „In der Schule wie auf dem Schiff gibt es immer was zu tun. Und wenn es mal nichts zu tun gibt, wird eben der Meeresspiegel geschrubbt.“
„Ihr habt von nichts ’ne Ahnung.“
Er sprach die Schüler mit Nachnamen an. Da hatte er schon verschissen.
Mittelschullehrer „Biermoser“ und Rektor „Hartmann“Er diktierte uns historische Abläufe mit Jahreszahlen. „Deutschland unter den Frankenkaisern“ und „Die Bündnispolitik des Deutschen Reiches unter Bismarck“. Die wichtigen Jahreszahlen sollten an den Rand geschrieben werden. Auch Skizzen mussten gemacht werden. Die Ordner wurden eingesammelt und beurteilt. „Zeichnungen sechs“ stand darunter.
Die goldene Bulle Karls des vierten von 1356 war Thema: Darin wurde beschlossen, dass die Kurfürsten irgendwas zu sagen hätten.
Wehe, wenn einer „der goldene Bulle“ sagte.
Auf dem Weg vom Bus zur Schule nicht auf Fugen, Bruchstellen oder Linien treten. Sonst gibt es ein Unglück, etwa, dass Herr Hartmann mich aufruft und etwas über die goldene Bulle wissen will. Und wenn, dann bloß nicht sagen: der goldene Bulle.
„’Der goldene Bulle‘, so heißt vielleicht die Kneipe in eurem Kuhdorf.“

Der Deutschlehrer Herr Wissmann sagte: „Die Kommasetzung ist doch so klar. Warum kapiert ihr das denn nicht?“ Dabei schlug er sich mit der Faust vor die Stirn.
Hausaufgabe:
Bilde zwei Modalsätze, zwei Kausalsätze, zwei Temporalsätze und zwei Konsekutivsätze.
Was ist das denn?
Warum muss ich solchen Scheiß wissen? Das nervt doch total.
„Der Konsekutivsatz ist ein daß-Satz. Der daß-Satz steht oft an Stelle eines Pronominalobjekts, das sich auf ein schon erwähntes Ereignis bezieht.
Ich habe gesehen, daß das Kind in den Graben gefallen ist.“
„Ich hab verstanden, daß ich nichts verstanden habe.“
Mutter sagte: „Na, da hast du doch schon zwei Sätze. Du musst mit deinen Hausaufgaben auch mal allein klar kommen.“
„Ich gehe mit Rüdiger in die Kneipe. Ist das ein Lokalsatz?“
„Ach, Junge, nun mach mich mal nicht bussig.“

Herr Klug war der Musiklehrer. Er war dick und gab auch Biologie. Das war so langweilig, dass einem fast die Tränen kamen. Vom Klassenzimmer aus konnte man die Kappelner Mühle sehen. Manchmal drehten sich die Flügel.

Auf dem Schulhof gab ich Annegret Hansen etwas von meiner Schokolade ab.
„Guckt mal! Er ist verliebt in sie!“
Sie warf die Schokolade weg. Wie konnte die mich so in die Ecke stellen?
Ich hatte das Gefühl, die ganze Welt würde meiner Niederlage zusehen. Auf Mädchen ist eben kein Verlass. Sollen die sich doch bescheißen.
„Guckt mal, er kriegt ’ne rote Bombe!“

Nach der Schule ging es wieder zurück zum Busbahnhof an der Nordstraße. Bei der ZOB-Gaststätte konnte ich „Prickel Pit“ für fünf oder „Nappo“ für zehn Pf kaufen. Der Bus hatte einen Anhänger. Da ging kein Erwachsener rein. Die Schüler aus den höheren Klassen hatten das Recht sich hinzusetzen, wo sie wollten.
„Platz!“
„Gib mir mal deine Bravo. Kriegst sie auch wieder.“
„Aber nicht kaputt machen!“
„Schnauze!“

Die Schüler von der dänischen Schule wurden „Speckdänen“ genannt.
„Die gehen da doch nur dahin, weil sie was zu fressen kriegen.“
Manchmal lasen sie in ihren Büchern. Das O hatte einen Schrägstrich, sonst sahen die Buchstaben aus wie bei uns.

Die „Bravo“ war Pflicht zu lesen. In der amerikanischen Hitparade war Bobby Darin mit „Mack the knife“ auf Platz eins. Elvis war als Starschnitt in der Zeitschrift. Um ihn zusammenzukriegen, musste man 26 fortlaufende Hefte kaufen. Mit „Briedjiet Bardoo“ war man schon nach zwölf Heften fertig. Peter Schmidthäuser hatte einmal ein Bild von „Briedjiet“ dabei. Sie hatte auf dem Foto wenig an. Herr Steffen, der Biologielehrer, nahm daran Anstoß. Nun sollte Sexualerziehung stattfinden. Dieses Amt übernahm Herr Paulsen. Er hatte zum ersten Mal die ungeteilte Aufmerksamkeit der Klasse. Jemand lachte.
„Ihr seid einfach noch zu unreif für dieses Thema“.
Er wechselte das Thema auf ein Gebiet, in dem er sich besser auskannte, den Dreisatz.

Mutter legte großen Wert darauf, dass die Hausaufgaben gemacht wurden.
„Wir haben nichts auf.“
„Dann üben wir eben Vokabeln.“
Beim Abfragen sagte sie: „Die kannst du ja gar nicht richtig. Die lernst du noch mal. In einer Stunde frag ich noch mal ab.“
Wenn sie mir was erklärte und ich es nicht verstand, sagte sie: „Herr Gott, wie ist dein Tierreich groß!“ Dabei schlug sie sich mit der flachen Hand auf die Stirn und verdrehte die Augen.
„Kennst du das Lied von dem Mann, der sich darüber verwundert, dass ihm seine Familie die Haare schneidet?“
„Nee.“
„Was schert mich Weib, was schert mich Kind.“

Im Kunstunterricht bekamen wir ein Din-A4-Heft. Darin sollten wir malen. Herr Biermoser erlaubte es, dass Schlager während des Unterrichts gespielt werden durften.
„Wenn ich am Wochenende tanzen geh
und ein ganz besonders schönes Fräulein seh,
lass ich meinen Whisky-Soda steh’n
und dann, dann geh ich an das Fräulein ran
so wie ein Tiger, wo uhu, so wie ein Tiger,
denn sie gefällt mir gut, drum hab ich Mut.
A wao wau! Wau!“
„Nun müssen wir aber mal eine Pause machen. Ihr werdet mir zu unruhig.“
Herr Biermoser sprach so komisch und hatte lange Hasenzähne. Sein Zahnfleisch war nicht zu sehen. Er war aus Österreich.

Wir zogen nach Eckernförde.
Ich musste mir in Kappeln ein Zimmer suchen, um dort noch weiter zur Schule gehen zu können.
„Bleib du mal das eine Jahr noch in Kappeln. In Eckernförde würdest du den Abschluss nie schaffen.“

Ich war bei der Familie Scheel in der Grünen Straße zur Untermiete. Das Gute daran war, dass ich jetzt nicht mehr unter Aufsicht stand. Ich konnte nach der Schule machen, was ich wollte. Keiner kontrollierte mich. Es gab ein Eiscafé in der Marktstraße. Dort kriegte man eine Portion Eis mit drei Kugeln und Sahne für 50 Pf. Eine Musicbox war da. Mal Ted Herold drücken: „Ich bin ein Mann.“
Wenn man einen Titel gedrückt hatte, liefen alle Platten auf einem runden Magazin durch, entweder nach rechts oder links, je nachdem ob man die A- oder B-Seite ausgewählt hatte. Wenn der Apparat den Platz erreicht hatte, wo die Platte steckte, blieb das Plattenmagazin stehen. Ein Metallgreifer fasste die Platte und legte sie auf den Plattenteller. Dann setzte ein Tonarm genau an der richtigen Stelle auf. Wenn man 50 Pf einsteckte, konnte man drei Lieder auswählen.

Dann mit Volker Guth, Fritz-Volker Striegler, Martin Kübler, Dieter Hinrichsen oder Joachim Hansen zusammen sitzen und sich Geschichten erzählen. Vielleicht auch mal ein Eis ausgeben, man weiß ja nie, für was es gut sein kann.

„Was gibt es heute im Kino?“
„Der unsichtbare Dritte. Ein Film von Hitchcock.“
Die Geschichte war überhaupt nicht zu verstehen. Gary Grant muss da auf der Nasenspitze von in Stein gehauenen amerikanischen Präsidentengesichtern rumklettern. Und dann will er sich in einer einsamen Gegend mit jemandem treffen. Er fährt mit dem Bus dort hin und steht ganz allein an der Bushaltestelle. Plötzlich kommt ein Flugzeug auf ihn zu und beschießt ihn. Er flüchtet in ein Maisfeld. Schließlich stürzt das Flugzeug ab und knallt in einen Tankwagen. Am Ende sieht Gary Grant immer noch wie aus dem Ei gepellt aus und seine Frisur liegt immer noch tiptop.

Nachts Radio Luxemburg hören. Nachmittags kamen die Sendungen in Deutsch aus Luxemburg und ab 18 Uhr in Englisch aus London. „Rädio Laxembörg Landen West Wann“. Das war die Postadresse, wenn man mal schreiben wollte. Manchmal sagte der Sprecher auch: „Rädio Laxembörg Landen Dabbelju O“. Was denn nun? Zwei Adressen?
Alle halbe Stunde kam „Bingo, Bingo I’m in love.” Dann wurden endlose Zahlen verlesen.
Im deutschen Programm war Camillo Felgen der Chefsprecher. Der sang:
„Ich hab Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren.“
Sie verschönern der Mutter Gesicht.
Und sie krönen die Arbeit von Jahren
und ein Leben der Treue und Pflicht.“
Davon soll er 800.000 Platten verkauft haben. Das kann ja wohl nicht wahr sein.

Mit Peter Schmidthäuser auf den Jahrmarkt gehen. Eine Bratwurst essen oder Karussell fahren. Am Schießstand mal auf Tonröhrchen schießen. Dazu Conny Francis hören:
„Sie gibt uns alles, doch sie nimmt auch viel zu viel. Die Liebe ist ein seltsames Spiel.“

Am Hafen konnte man der Drehbrücke zusehen, die für fast jedes Schiff geöffnet wurde. Dann entstanden lange Autoschlangen bis zum ZOB rauf und zur anderen Seite bis nach Kopperby.
Brücke auf, Brücke zu, Brücke auf, Brücke zu. Immer dasselbe. In der Schlei waren Heringszäune. Die sollten die ältesten Europas sein. Aufregend war das eigentlich nicht, eher schrecklich langweilig. Im Obstladen in der Querstraße mal eine Apfelsine klauen oder ein Buch bei Wilhelm Gosch.

Wir mussten eine Jahresarbeit schreiben: „Berlin ist eine Reise wert!“ Da es Mutters Vorschlag war, schrieb sie auch den größten Teil der Arbeit.
„Ich versichere, daß ich diese Arbeit selbständig angefertigt und nur die von mir angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.
Eckernförde, den 19. November 1960“

Abschlussfest 1961 im Strandhotel - Martin Kübler, Dietrich von Horn, Volker Guth, Volker MüllerAuf der Abschlussfeier der 10. Klasse betrank sich Peter Möhl dermaßen, dass er auf den Wagen von Herrn Paulsen kotzte.
„Dass du das gerade hier machen musst. Das finde ich überhaupt nicht gut“, sagte er.
Im Abschlusszeugnis hatte ich in fast allen Fächern vieren, in Verhalten in der Schule eine eins, in Religion und Schrift eine zwei, eine fünf in Englisch, in Geschichte, Maschinenschreiben, Sport und Kunst eine drei. Für die Jahresarbeit gab es eine zwei. Alle Lehrer der Schule hatten das Zeugnis unterschrieben.
„Mit so einem Zeugnis kannst du dich gleich begraben lassen“, sagte Mutter. „Dich nimmt doch keiner.“
Ich hatte gerade ein spannendes Buch über einen jungen Holzfäller in Kanada gelesen, der sich gegen alle Probleme der Welt durchsetzte.
„Dann könnte ich doch Holzfäller in Kanada werden.“
„Du bist ja völlig übergeschnappt!“ sagte Mutter.

Auflösung des Lehrerrätsels

Maren Sievers hat zwei und Ulli Erichsen vier Lehrer richtig erraten. Hier die komplette Lösung:

Biermoser -> Kirchmayr
Hartmann -> Jägel
Klug -> Neubacher
Lehmann -> Kliever
Meyer -> Schmidt
Paulsen -> Petersen
Steffen -> Seifert
Wissmann -> Heitmann

17 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

  1. Heino Küster

    So… das Buch ist da und liegt auf dem Nachttisch… bin gespannt wie ein Flitzebogen…

    1. Dietrich von Horn

      Lieber Heino,
      und ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, wie du das Buch findest.

      1. Heino Küster

        Moin Dietrich, ich werde berichten ;-)
        Ein paar Jungs von Eurem Jahrgang 44 kenne ich ja durch meinen Onkel („Schaufi“)…

        1. Dietrich von Horn

          Lothar? Schauf? Wohnte die Familie nicht in der Straße, wo der Schleibote war?

          1. Heino Küster

            Hans-Dieter (Dieter) Schauf, Sandbek…

          2. Dr.Wolfgang Mehne

            Lothar Schauf wohnte in der Talsenke links in der Straße von Grimsnis zur Schule Stutebüll.

          3. admin

            In den Fünfzigern gab es in Kappeln Wilhelm Schauf, Meiereiprodukte, Dehnthof 5.

          4. Dr.Wolfgang Mehne

            Der besagte Wilhelm Schauf war der Vater von dem Zöllner Lothar schauf.

  2. Maren Sievers , geb Bonau

    Lehrer Biermoser könnte Herr Kirchmayr gewesen sein. (laut Auskunft meines Bruders, der auf der Realschule war.)

  3. Ulli Erichsen

    Meyer = Wiese,
    Paulsen = Petersen,
    Hartmann = Jägel,
    Klug = Neubacher,
    Biermoser = Kirchmayr

    Damals wurde mit harter Hand unterrichtet. Dafür nur ein Beispiel aus meiner Schulzeit:
    Reaktion von Lehrer Zienecker an einen Mitschüler, wenn er seine Hausaufgaben vergessen hatte:
    „Bei welchem Friseur bist Du?“ Antwort: „Dorfmann“ Daraufhin wurde der Schüler von Zienicker an die Koteletten gefasst und hochgezogen. Für jeden Buchstaben einmal, also 8 Kniebeugen. Einige Zeit später, der besagte Schüler hatte wieder die Hausaufgaben vergessen: „Bei welchem Friseur bist Du?“ Antwort: „Ott“. Die 3 Kniebeugen erhöhte Zienecker dann auf 5.

  4. Maren Sievers , geb Bonau

    An volle Bustouren kann ich mich auch erinnern und das noch in den Ende Siebzigern.

    1. Holger Petersen

      Auch mir ist damals manches Mal auf dem Schulweg schon schlecht geworden, ehe ich überhaupt den Schulhof betreten habe. Der Schwansener Postbus war morgens immer rappelvoll und war regelmäßig mit einem ganz besonderen Duft geschwängert. Dieser ging von einer beachtlichen Anzahl von Damen aus, die in Ellenberg auszusteigen pflegten, um ihrer Arbeit in der Fischfabrik nachzugehen. Dies ist nicht als Vorwurf gemeint: sie konnten ja nichts dafür! Es wird ja behauptet, dass sich Gerüche aus der Kindheit in das Gedächtnis einbrennen können! Das ist bei mir bestimmt der Fall, wenn ich mich daran erinnere, häufig in dem überfüllten Bus ohne Fluchtmöglichkeit mit der Nase fast in einem dieser duftenden Mäntel stecken zu müssen. Die kurze restliche Strecke über die Brücke war natürlich für eine nachhaltige Erholung zu kurz! Etwas besser wurde es nach meiner Erinnerung, als die Post später einen Gelenkbus auf dieser Strecke einsetzte.

  5. Maren Sievers , geb Bonau

    Bei Lehrer Klug kann es sich eigentlich nur um Herrn Neubacher handeln. Meine Geschwister (allesamt unmusikalisch) hatten alle bei ihm Musik. Obwohl ich ja aufm Gymnasium Herrn Köhl genossen habe, bin ich seit 1972 der Musik treu geblieben und spiele Flügelhorn.

  6. Wolfgang Jensen

    Die Leseprobe macht Lust auf mehr. Da finden sich viele Kindheitserinnerungen für mich als „Kappler Jung'“ wieder, die man schon fast vergessen hatte. Für mich persönlich ist es irgendwie ein Phänomen, dass sich derart persönliche Erinnerungen verkaufen lassen. Ich dachte immer, es würde niemanden interessieren, sonst hätte ich es auch schon längst gemacht. (Arbeitstitel: Sonntags bei Tante Käthe ;) )

    1. Runa Borkenstein

      Bitte schon mal ein Exemplar „Sonntags bei Tante Käthe“ für mich reservieren :)

      1. Wolfgang Jensen

        Abgemacht, Runa, und wenn ich extra für Dich ein Exemplar schreiben müsste. ;)

  7. Wolfgang Jensen

    Das Lied „Ich hab‘ Ehrfurcht vor….“ kam erst 1963 raus. Das weiß ich genau, da ich diese Single meiner Tante bei Emil Burdinski in der Schmiedestraße zu Weihnachten gekauft habe. Die Single „Sag warum“ von Camillo Felgen (ein Phil Spector-Song) verkaufte sich allerdings ca. 800000mal.

Kommentare sind deaktiviert.