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Aug 26 2021

Bilderrätsel Nr. 612 – Roester Linden

Ein Riesenbaum!

Frage: Was ist das für einer und wo steht er?

Bilderrätsel Nr. 612

… oder sind es vielleicht sogar zwei? Irgendwie kommt mir das Ganze bekannt vor. wink

Bilderrätsel Nr. 612

29. August 2021

Ergänzend gibt’s hier eine Blattprobe zur Bestimmung der Baumart.

Bilderrätsel Nr. 612

Ob der Zweig auf einer Sitzbank liegt, weiß ich nicht, aber vielleicht hilft beim Größenvergleich der Pott weiter. wink

Bilderrätsel Nr. 612Bilderrätsel Nr. 612

Nicht einer, nicht zwei, drei oder gar vier – es sind fünf, nämlich die

„Hexenbäume“ auf Gut Roest

Die Geschichte, wie diese Bäume es nach den Kappuzzles 81 und 233 erneut zu einem Schulzeitreisen-Rätsel geschafft haben, ist nicht so spannend wie die eigentliche(n) Geschichte(n) um diese Bäume selbst, aber aktuell und überraschend.

Es begann mit der Ankündigung von Dietrich von Horn, dass er gerade an einem neuen Buch über „Lost and dark places in Schleswig-Holstein“ arbeitet. Kurz darauf erhielt ich von ihm ein aktuelles Foto der „Hexenbäume“ und ein erstes Exposé zu einem Kapitel über diesen Ort, das er in sein Buch aufnehmen wollte.

Nun möchte ich weder dem Buch etwas vorwegnehmen noch mich an der Sage vergreifen. Aber es ließ mir keine Ruhe, mich der mir eigentlich vertrauten Geschichte nochmals zu widmen.

Mein zentrale Idee für eine aktuelle Behandlung des Themas war, die Sage und die Fakten möglichst nicht (wieder) zu vermischen.

Das passt nämlich hinten und vorne nicht und letztlich wäre es schade um die Dokumentation aller drei Aspekte:

  1. Es gab Hexenverfolgungen.
  2. Es gibt die Sage.
  3. Es gibt (die?) Bäume.

Beginnen wir mit Letzteren – also dem eigentlichen Rätselthema.

Ich habe – ein völliger Nebenaspekt – angeregt, die Baumgruppe nicht mehr „Bäume“ zu nennen, sondern endlich einmal ihre Gattung anzugeben, weil das beim Leser authentischer rüberkommt.

Dieser „Nebenaspekt“ hat sich dann irgendwie verselbständigt und inzwischen zu erstaunlichen Ergebnissen geführt.

Erst einmal können wir konstatieren: es sind

Linden!

Um das herauszubekommen, habe ich um fachmännischen Rat gebeten, den man in Kappeln durchaus noch erhält, wenn die Leute gut drauf sind und sich richtig reinhängen.

Ich habe mich über die „externe“ Recherche nicht einfach nur gefreut – ich war hochgradig beglückt! Danke!

Man hat sich dem Objekt nicht nur auf „Tuchfühlung“ genähert, sondern auch alles vermessen – die Umfänge der Stämme sowie deren Abstände und sogar eine Höhenbestimmung vorgenommen, ob die Baumgruppe vom Gut Roest aus sichtbar ist.

Außerdem wurden zur Gattungsbestimmung Blattproben entnommen. Das nenne ich mal wissenschaftliches Arbeiten auf Rente. Großartig!

Ohne alle Details zu nennen, lassen sich die Ergebnisse folgendermaßen zusammenfassen:

Allem Anschein nach handelt es sich um Sommerlinden mit einem Stammdurchmesser – fachmännisch in 1,30 Meter „Brusthöhe“ vermessen – zwischen 51 und 57 cm. .

Eine ungefähre Altersbestimmung ergibt demnach ein Alter von „nur“ etwa 120 Jahren!

Nachdem jetzt auch der Baumabstand bekannt ist, habe ich zum Vergleich die Fotos von Gerd Ahrens aus den Siebzigern (s. Kappuzzle 81) schematisiert und geometrisch eine damalige Stammdicke von etwa 35-40 cm ermittelt. Damals waren die Linden demnach etwa 80 Jahre alt.

Berücksichtigt man die Wachstumsunterschiede der einzelnen Bäume und die Ungenauigkeiten bei der Vermessung der alten Fotos, gestehe ich Abweichungen in der Größenordnung von 10 Jahren in beide Richtungen zu – aber viel mehr auch nicht!

Fazit: Es handelt sich also um etwa 120 Jahre alte Linden – um die Jahrhundertwende gegen 1900 akkurat von Menschenhand als Sechsergruppe gepflanzt. Dass sie der Rest eines gerodeten Waldes sind, ist völlig ausgeschlossen.

Spekulationen, dass der „Innenraum“ möglicherweise als Feier- oder Versammlungsplatz gedient hat oder eine Art „Lustgarten-Anlage“ gewesen sein könnte, bleiben. Aber dass der Standort ausgewählt wurde, um vom Gut aus welchem „Treiben“ auch immer zuzuschauen, ist ebenfalls Unsinn.

Die Höhenvermessung hat ergeben, dass der Platz zwar nicht auf dem höchsten Punkt der engeren Umgebung liegt, es aber eine Sichtachse höchstens zum Dachbereich der höheren Gebäude des Gutes gibt.

Bilderrätsel Nr. 612

Verrückt, oder?

Also alles nix. Nix mit Wald, nix mit Hexen oder Kettenspuren in der Rinde, die man bis vor „einigen Jahren“ angeblich noch erkennen konnte. Alles Fake!

Der Roester „Richtplatz“ befand sich ohnehin woanders, nämlich auf dem „Toppes-Hügel“ („Toppeshy“) in Mehlby – heute Flensburger Straße 40.

Dort wurden u. a. 1632 Anna Stiges aus Kappeln, Anneke Hansen und Anna Nagels und 1641 Ellen Lassen aus Toestrupholz als „Hexen“ verbrannt.

Unter Hinrich Rumohr spielten sich nicht nur die martialischen Hexenprozesse und -verbrennungen auf Gut Roest ab – er war es auch, der den Kapplern den Huldigungseid abverlangte, um sie zu Leibeigenen zu machen. Um sie dazu zu zwingen, ließ er keine Grausamkeit aus: Willkür, Gefängnis und Folter waren an der Tagesordnung, bis der König diesem Treiben unter schwerer Strafandrohung Einhalt gebot.

Mitte des 17. Jahrhunderts war der Spuk dann vorbei – also mehr als 200 Jahre vor der Pflanzung dieser Linden.

Und die Sage?

Die Sage ist bekannt – und die Sage lebt.

Und so ganz bin ich mit mir immer noch nicht im Reinen, was nun stimmt oder zumindest stimmen könnte.

  • Was war zuerst da – die Sage oder die Bäume?
  • Wurde die Baumgruppe bewusst (neu) angelegt, um die Sage am Leben zu erhalten?
  • Warum werden die Bäume mitten auf dem Feld in Ruhe gelassen, aber andererseits touristisch nicht vermarktet?

Was auf jeden Fall bleibt, ist die gezielte Bepflanzug in der 2×3-Form, die bis heute – auch ohne den 6. Baum, der einem Sturm zum Opfer fiel – nicht ihren Reiz verloren hat.

Je nachdem, von wo aus man blickt, sieht man 5, 4, 3 oder nur 2 Bäume – und zwar Linden.

Roest - „Hexenbäume“ 2021Roest - „Hexenbäume“ 2021

Roest - „Hexenbäume“ 2021Roest - „Hexenbäume“ 2021

Hoffentlich ist der touristische Anreiz durch diesen erneuten Beitrag nicht so groß, dass sich demnächst Besucher(-gruppen) nicht nur zu Fuß oder mit dem Rad ranschleichen sondern sich gleich mit ihren SUVs auf den Acker machen.

Aber die Ferien sind – außer in Bayern und BaWü – vorbei und meine Beiträge haben sowieso kaum ein längeres Verfallsdatum als jeder x-beliebige Zeitungsartikel.

Es ist ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann die ersten Ansichtskarten (hab‘ schon ein paar entworfen – 6-er-Serie – mrgreen ) – und die ersten „Fremden“ erscheinen.

Bis dahin vielleicht sogar ein Tipp für’s nächste SZR-Treffen – wenn ihr euch traut! lol

Ansonsten warten wir mal, was Dietrich von Horn schreibt.

Danke fürs Lesen!

Die Hexenbäume von Roest erraten haben Maren Sievers, Heino Küster und Runa Borkenstein.

43 Kommentare

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  1. Michaela Fiering

    Ich habe sie noch nie bewußt gesehen.

  2. Holger Petersen

    Dann sind wir wohl in Lindewitt :) ?

    1. admin

      … oder in der „Lindenstraße“ … oder im Lindenweg in Mehlby – gar nicht so weit entfernt ;) – oder wie wär's mit Marlene?
      https://www.youtube.com/watch?v=gAkTiPMz4ik

      1. Holger Petersen

        O.K.,O.K., und Pfingsten geht´s dann wieder mit Bolle nach Pankow!

        1. admin

          Wo er sich prächtig amüsiert hat! :lol:
          Hätte er das auch an diesem Ort gemacht?

          1. Holger Petersen

            Sind wir evtl. an der Gedenkstätte Gildeplatz?

  3. Runa Borkenstein

    Silberlinde?
    Silberlinge,
    ja, das sind so alte Dinge
    beides taugt für _ _ _ _ _ ringe

    1. admin

      Augenringe?

    2. Konrad Reinhardt

      Ich wusste bisher nicht, dass Ringe und Bäume das Gleiche sind.

  4. Runa Borkenstein

    Tilia Henryana
    die ist von eher niedrigem Wuchs

  5. Heino Küster

    Ok, dann ganauer: Die Hexenbäume in Roest :lol:

  6. admin

    So langsam sollten wir neben der Gattungsbestimmerei aber auch mal zum Punkt kommen – nämlich zum Standort des Baums bzw. der Bäume.
    Übermorgen möchte ich gern auflösen – und da sind mir bisherigen Antworten eigentlich zu mickrig.
    Vielleicht helft ihr (3) dem Rest mal etwas auf die Sprünge. :lol:

    1. Maren Sievers

      Die bisher im Netz zu findenden Bilder, zeigen
      meistens Winterfotos mit kahlen Bäumen, da
      erkennt man die "sagenhaftige" Geschichte des
      Ortes besser….

      1. Hans-Werner Panthel

        Standardthema seinerzeit im Fach Heimatkunde der Grundschule.

        1. Runa Borkenstein

          … Angeln oder Schwansen?

  7. Runa Borkenstein

    Gut Roest: 2 Hexenbäume des ursprünglichen 6er-Ensembles

  8. Konrad Reinhardt

    Auf dem Gelände um das Regionalzentrum. Wassermühlenstr. 12

    1. Konrad Reinhardt

      Am ehemaligen Pastorat in der Gartenstraße 2

      1. Konrad Reinhardt

        Bleibt noch der Friedhof ?

        1. Runa Borkenstein

          …von Bibi Blocksberg?
          Die ist doch noch höchst lebendig …

        2. Maren Sievers

          Beerdigt wurde dort keiner, aber
          dort verstorben sollen einige sein.

  9. Konrad Reinhardt

    Winterlinde

    1. admin

      Zum Besipiel. ;)

    2. Maren Sievers

      Sommerlinde? Leider ist die Grösse nicht ersichtlich,
      aber Winterlinde hat an den rückseitigen Blattachseln
      bräunliche Härchen, Sommerlinde eher weissliche.

      1. admin

        Konrad tendiert inzwischen eher zur Sommerlinde – und du?
        Einfach mal festlegen! ;)

      2. Konrad Reinhardt

        Es gibt auf dem 3. Foto die Sprossen der Sitzbank als Maßstab für die Größe der Blätter.

        1. admin

          Sitzbank? Hmm. Deshalb noch zwei weitere Bilder.

      3. Maren Sievers

        Ich sag Sommerlinde, da die
        Winterlinde flachere Blattachsen
        auf der Rückseite hat und kleinere
        glattere Blätterunterseiten.

  10. Konrad Reinhardt

    Rabelsund

  11. Runa Borkenstein

    2 Bäume an der Reeperbahn hinter dem Kappelner Rathaus

  12. Heino Küster

    Oder in Roest?

  13. Heino Küster

    Bei Gut Oehe?

  14. Heino Küster

    Bei der Waldwirtschaft im Hüholz: Doppeleiche.

  15. Holger Petersen

    Das könnte eine der sog. Doppeleichen sein.

    1. Maren Sievers

      Sieht mir nicht nach Eiche aus….

      1. Heino Küster

        Eher wie Linde… (?)

        1. admin

          Ja, schon viel eher! ;)
          Die Bestimmung der Gattung war übrigens (letztlich) der Auslöser für dieses Rätsel.
          Wenn mich etwas wirklich interessiert, versuche es mit allen Mitteln herauszukriegen.
          Aber wenn es nicht im Internet und nicht einmal in Büchern zu finden ist, wird's schwierig.
          Hat aber auf wundersame Weise geklappt! :lol:

          1. Maren Sievers

            Wäre glatt da hingefahren…
            aber habe aktuell eine
            lange Bauchnaht und somit
            ist nichts mit Auto fahren…

            1. Heino Küster

              Gute Besserung, Maren :!:

              1. Maren Sievers

                Danke

        2. Maren Sievers

          Lindenblüten helfen
          bei Gicht, Rheuma
          und Hexenschuss

  16. Konrad Reinhardt

    Kastanienallee

  17. Maren Sievers

    Die Hexenbäume

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