«

»

Sep 07 2021

Kappuzzle® 714 – Juso-Sticker

Vor 50 Jahren ~ aus meinem Tagebuch ~

Kappeln 1971

Was ist das und was steht drauf?

Aufkleber zur Landtagswahl 1971

Kappuzzle® 714 - Juso-Sticker (1971)

Am 25. April 1971 war Landtagswahl in Schleswig-Holstein.

Ich – damals noch Wochendend-Kappler und immer noch Wochenend-Juso unter meinem ehemaligen Musiklehrer und inzwischen SPD-Vorsitzenden Siegmund Köhl – habe seinerzeit zusammen mit anderen „Genossen“ diverse Stromkästen und Telegrafenmasten in Kappeln mit solchen Aufklebern – heute „Sticker“ – verunstaltet.

Zeitungsanzeige 1971

Wenn ich nicht so ein glühender Jochen Steffen-Fan gewesen wäre, hätte ich damals mein SPD-Engagement schon lange eingestellt – zumal ich meine politischen Antennen schon in andere Richtungen ausgestreckt hatte.

SDAJ-Sticker (1971)

Dabei war ich auch SDAJ-mäßig höchstens ein Sympathisant – insbesondere wegen der vielen kulturellen Veranstaltungen – und habe mich 1972 konsequent gegen eine Mitarbeit dort und auch in allen anderen politischen Zirkeln und Gruppierungen entschieden.

Als meine Lieblingsbarden Franz-Josef Degenhardt und Hannes Wader Ende der Siebziger der DKP beitraten, war ich hochgradig entsetzt und habe ihre Musik lange gemieden.

Degenhardt – SPD-Mitglied seit 1961 – hatte schon zur Landtagswahl 1971 in Schleswig-Holstein zur Wahl der DKP aufgerufen – was ihn dann sein SPD-Parteibuch kostete.

Damals fand sich solche Sichtweise allerdings auch in meinem Tagebuch:

15. April 1971

Heute war ich auf einer SPD-Wahlveranstaltung mit MdL Schulz (Eckernförder Bürgermeister).

Zum ersten Mal habe ich auf so einer öffentlichen Veranstaltung überhaupt einmal etwas gesagt und bin total frustriert worden, weil mir zu der Zeit und an dem Ort nicht die Möglichkeit gegeben war, das Gesagte stichhaltig zu untermauern und zu belegen.

Die Frage „Wie verhält sich die SPD, wenn die DKP in den Landtag einzieht?“ wurde mit viel Emotion und dann mit einem klaren „nein“ beantwortet, was eine Linkskoalition angeht.

Da kamen Dinge wie „russische Kriegsgefangenschaft“, „man muß ihnen politischen Irrtum zugestehen“, in zehn Jahren sind sie auch etabliert“, „die Jugend brauchte schon immer etwas, wofür sie kämpfen konnte“, „die KPD ist Schuld am Hitlerfaschismus (durch gemeinsame Sache der KPD mit SPD und Zentrum hätte die NSDAP ihren Kandidaten nicht durchbekommen, aber die KPD war ja zu stolz und mußte einen eigenen Kandidaten aufstellen!)“ und die Feststellung „Wir wollen Demokratie und nicht Diktatur“ (Schulz: „linker Faschismus“).

Dann die „sachliche“ Begründung:
Die DKP macht mit der KPdSU und der SED gemeinsame Sache. Die SPD („Jochen“) hat sich klar gegen „Kommunismus“ (gemeint war „Sozialismus“) abgegrenzt.

Aber: „Die DKP ist die einzige Arbeiterpartei.“ – belegt mit dem Beispiel: „Bei den Lohnunruhen 1970 hat die DKP immer wieder die Arbeiterinteressen unterstützt und ihre Forderungen befürwortet (z. B. in Betriebszeitungen), während das SPD-Organ „Nord-Woche“ sich 7 Wochen lang ausgeschwiegen hat.“

Schulz: „Diese und solche Argumente höre ich immer wieder aus bestimmten Kreisen. Tatsache ist, dass die SPD immer auf der Seite der Arbeiter gestanden hat.“

Ich: „Das ist falsch.“

Schulz: „Hören Sie auf, solchen Unsinn zu reden. Wenn ich sage: diese Wand ist weiß mit Blumen, sagen Sie: die Wand ist schwarz ohne Blumen. Und sie ist doch weiß mit Blumen.“ …

Ich hatte mir schon vorgenommen, vielleicht doch nicht zur SDAJ zu gehen und vielleicht doch SPD zu wählen, werde meiner derzeitigen politischen Überzeugung aber konsequent nachkommen.

Ansonsten bin ich gespannt, wie der Schlei-Bote den von mir dargestellten DKP-Disput in seinem Bericht bewertet, schildert oder überhaupt berücksichtigt.

[Es gab keinen Bericht im Schlei-Boten.]

Jetzt das Wahlergebnis:

CDU 51,87 % | SPD 40,99 % | FDP 3,81 % | SSW 1,39 % | NPD 1,32 % | DKP 0,37 % | EP 0,25 %

Obwohl ich – aus Solidarität zu meinen Kappler Genossen und zu „Jochen“ dann doch SPD gewählt habe, konnte die CDU erstmals die absolute Mehrheit im Land erringen und erzielte ihr bis heute bestes Ergebnis in Schleswig-Holstein.

Die DKP ging völlig unter und FDP und NPD verfehlten den Wiedereinzug ins Parlament, so dass neben CDU und SPD nur der „ewige“ SSW-Abgeordnete Karl Otto Meyer dem Landtag angehörte.

Gerhard Stoltenberg wurde zum Ministerpräsidenten gewählt.

Der „rote Jochen“ blieb bis noch bis 1973 SPD-Vorsitzender und Oppositionsführer, zog sich aber nach seiner erneuten Niederlage aus der Politik zurück – um kurz darauf als Kuddl Schnööf zu reüssieren. Dafür erhielt er 1978 sogar den Deutschen Kleinkunstpreis.

Jochen Steffen & Kuddl Schnööf - LP 1973

Mir selbst wurde die Parteimitgliedschaft übrigens nicht entzogen. Ich gab mein SPD-Parteibuch – damals konsequenter Weise – von mir aus zurück.

Ach ja – meine persönliche Meinung zu dem Sticker habe ich seinerzeit direkt darunter in mein Tagebuch geschrieben

Tagebuch-Kommentar 1971

Zugegeben ein etwas ungewöhnliches Rätsel, aber originell und sogar ein bisschen aktuell, obwohl es schon ein halbes Jahrhundert her ist.

Richtige Antworten „gewählt“ wink haben Konrad Reinhardt, Heino Küster, Maren Sievers und Runa Borkenstein.

34 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

  1. Heino Küster

    Luftballon (ohne (Luft) ginge noch…

    1. admin

      Kleiner Tipp: Google mal Lothar Emmerich. Wodurch zeichnete sich „Emma“ u. a. aus?
      Das hier ist – zumindest sprachlich – so was ähnliches. ;)

  2. Heino Küster

    Ein Aufdruck auf einem Kaffeepott?

    1. Heino Küster

      Auch nicht im Album, Dummi ich :-)

  3. Runa Borkenstein

    ein Aufkleber

  4. Maren Sievers

    Autoaufkleber

  5. Maren Sievers

    Stimmkarte

  6. Holger Petersen

    Hat man nicht früher gerne Eintrittskarten eingeklebt? Hier Veranstaltung der Jusos mit Jochen Steffen?

  7. Konrad Reinhardt

    Sticker oder Aufkleber

  8. admin

    So, nun haben wir's ja fast – zumindest den Text und den „Verfasser“. Fehlt nur noch das Objekt selbst. Es ist kein Poster, kein Wurfzettel, keine Karte und kein Ausschnitt aus einer Zeitschrift (inkl. Zeitung oder Buch).
    Was also ist es?

    1. admin

      Ergänzung zum Text: Es heißt nicht „als die“, sondern „als alle“! :mrgreen:

      1. Heino Küster

        Sag ich doch! ;-)

        1. admin

          Du ja, aber nicht alle anderen. ;)

          1. Maren Sievers

            Stimmt: … als alle…

  9. Runa Borkenstein

    "Die SPD
    ist nicht gut.
    Aber besser als
    die anderen.
    Juso in der SPD"
    Das steht auf der Karte…
    ist also nicht von mir…

  10. Maren Sievers

    Die SPD ist nicht gut aber besser als
    die anderen . Juso in der SPD

  11. Heino Küster

    Nach 50 Jahren:
    "Scholz ist nicht gut. Aber besser als die beiden anderen." Parteiloser Söder-Wunschwähler.

  12. Heino Küster

    "Die SPD ist nicht gut. Aber besser als alle anderen. Juso in der SPD"
    Soweit der Spruch :-)

  13. Konrad Reinhardt

    Juso in der SPD

  14. Runa Borkenstein

    eine Postkarte von Klaus Staeck

    1. Runa Borkenstein

      ein Ausschnitt aus der Titanic

  15. Maren Sievers

    Herbert Wehner in Kappeln?

  16. Heino Küster

    Ein Wurfzettel der SPD: Willy Brandt in Kiel (?)

    1. admin

      Nicht Kiel, sondern Kappeln (s. o.)
      SPD ist richtig – Willy Brandt nicht!

      1. Konrad Reinhardt

        Dann vielleicht Jochen Steffen

        1. Konrad Reinhardt

          ………….oder doch Siegmund Köhl ?

          1. admin

            Köhl spielte eine indirekte Rolle, aber hier ging es nicht um eine Person, sondern um ein Ereignis, wie du ja bereits richtig erraten hast.
            Bleibt trotzdem noch die Frage, was das ist bzw. nach dem Urheber – der war nicht die SPD. :lol:

            1. Heino Küster

              Wirst lachen, war zunächst gedanklich bei der KPD

              1. admin

                Die war damals verboten. Aber es gab die DKP. :(
                Und bitte, bitte keine externen Smileys benutzen! (Reine Sicherheitsvorsorge.)

        2. Konrad Reinhardt

          Klaus Rave

  17. Konrad Reinhardt

    Die SPD ist nicht gut. Aber besser als alle anderen.

  18. Konrad Reinhardt

    Der Farbe nach könnte es etwas mit der SPD zu tun haben, z. B. Landtagswahl 1971

  19. Dietrich von Horn

    SPD-Wahlplakat von 1972

    1. admin

      1. 1971 (s. o.)
      2. Ein Plakat passt nicht in mein Tagebuch. :lol:

Kommentare sind deaktiviert.