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Okt 22 2020

Bilderrätsel Nr. 574 – Runenstein

Ein wunderschönes Objekt, das einige Fragen aufwirft:

1. Worum handelt es sich?
2. Wo kann man es bewundern?
3. Was ist das für eine Schrift?
4. Wie lautet die „Botschaft“?

Bilderrätsel Nr. 574

Diesen Runenstein hat Michaela Fiering in Arnis entdeckt.

Er steht auf dem Grundstück der Familie Lübbert am Strandweg neben der Eberhardt-Werft.

Den Stein hat Julia ihrem Vater zum 75. Geburtstag geschenkt. Gefertigt wurde er von (Schwiegersohn) Patrik.

Das alles ist nachzulesen in der Inschrift, die dort eingeritzt ist.

Beim Skarthestein, den ich 1962 in Busdorf fotografiert habe und der sich jetzt Wikingermuseum Haithabu befindet, verläuft die Inschrift – links unten beginnend – in „Schlangenlinien“.

Skarthestein (1962)Skarthestein - Hektographie von Dr. Schnoor (1962)

Bei unserem Stein haben alle Zeichen die gleiche Ausrichtung. Um sie zu entziffern, kippen wir ihn bzw. sein Abbild zunächst auf die rechte Seite. Jetzt ist der Text zeilenweise von links nach rechts lesbar …

Bilderrätsel Nr. 574

… und man erkennt folgende Runen:

Bilderrätsel Nr. 574

Weil Zahlen in dieser Wikingerschrift nicht vorkommen, wurden für ihre Darstellung einige (römische) Ziffern „hineingemogelt“: XI, MMXVII, LXXV und IV.

Übersetzt lautet der Text dann:

Julia errichtete diesen Stein 11 Tage
nach Ostern im Jahre 2017 zum Wiegen-
feste ihres Vaters Claus. In 75
Jahren bezwang er die Meere und sege(lte)
um die Welt, zeugte 4 Kinder und rettete …

Die fehlenden drei Buchstaben in der 4. Zeile befinden sich auf dem Kopf des Steines. Auch die letzte Zeile wird dort fortgesetzt. Der restliche Text folgt auf der Rückseite.

Arnis - Runenstein von 2017Arnis - Runenstein von 2017Arnis - Runenstein von 2017

Meine Anfragen zu einigen Details hat Patrik Tabatabai – die „ausführende Hand“ – umfassend beantwortet.

Arnis - Runenstein von 2017Die Runen auf dem Stein sind dem sogenannten älteren Futhark (Runenalphabet) entnommen, welches auch als gemeingermanische, urgermanische oder urnordische Runenreihe bezeichnet wird. Diese wurde vornehmlich von ca. 200 bis 500 n. Chr. in Skandinavien und in weiten Teilen des übrigen Europa verwendet.

In Anbetracht der oftmals eher banalen Botschaften auf den bisher entdeckten Runensteinen und Inschriften fand ich die Idee sympathisch, einen Gedenkstein zu errichten, der in gewissem Gegensatz zu der doch meist sehr bedeutungsvollen Denkmalkultur der Neuzeit steht. Sozusagen ein Denkmal für jedermann.

Eine Verwendung der Runenschrift für unser Hochdeutsch ist jedoch nicht ganz einfach und war ja auch nie beabsichtigt. Bestimmte Lautwerte (z.B. ~ch oder ~sch) gab es in dieser Form nicht. Auch der S laut, im Sinne eines stimmhaften S wie in „Sonne“ am Wortanfang gab es so nicht. Dieser weiche S laut fand sich stets am Wortende. Daher muss man entscheiden, wie man dies lösen möchte. Man könnte z.B. eine Übersetzung nutzen, in der man sich nach den Lautwerten richtet, die die hochdeutsche Schreibweise also nicht 1:1 übernimmt. Dann würde z.B. aus „ich“ -> „ih“, da die „H-Rune“ (HAGLAZ) eine wesentlich gutturalere Qualität hatte als unser „H“. Hingegen würde runisch „ich“, also eine Übersetzung Buchstabe für Buchstabe eher als „ikch“ oder „ikh“ ausgesprochen werden. Bei dem Stein in Arnis habe ich mich (es war einer meiner ersten) für die letztere der beiden Varianten entschieden. Mittlerweile arbeite ich eher entlang der Lautmuster. Anderseits sprechen wir auch über eine Schrift, die ohne allgemeine Rechtschreibregeln im Sinne eines historischen Duden-Äquivalents verwendet wurde. Daher habe ich mir erlaubt, gewisse Freiheiten in der Übersetzung zu nutzen.

Die Inschrift des Steines in Arnis, die sprachwissenschaftlich aus den oben angedeuteten Gründen sicher angreifbar ist, übersetzt sich wie folgt:

Julia errichtete diesen Stein 11 Tage nach Ostern im Jahre 2017 zum Wiegenfeste ihres Vaters Claus. In 75 Jahren bezwang er die Meere und segelte um die Welt, zeugte vier Kinder und rettete als Heilkundiger vielen Menschen das Leben. Auf dass Frohsinn, Wohlergehen und Liebe ihn auch in Zukunft begleiten werden. Patrik ritzte diese Runen.

Weiter schreibt der Bildhauer (im Hauptberuf Arzt):

Ich arbeite mit Natursteinen, die eine Chance haben Wind und Wetter auf unbestimmte Zeit zu trotzen. Der Stein in Arnis ist (wenn auch zugeschnitten) ein sog. blauer Kalkstein, welcher – für einen Kalkstein – ziemlich langlebig ist/sein soll. Besonders herausfordernd ist die Bearbeitung von härteren Materialien (z.B. Basalt – siehe das beigefügte Beispiel mit den Raben), was sich primär in den Faktor Zeit übersetzt. Entsprechend schwer sind die Steine.

Verankert sind sie im Boden, indem ich sie einbetoniert habe.

Bisher habe ich die Steine in der Hauptsache für meine Familie und Freunde gemacht.
Mittlerweile hat auch der erste Nachbar bei mir zuhause einen Stein im Garten.

Grundsätzlich könnte ich mir vorstellen, auch Aufträge anzunehmen.
Der Aufwand, einen Stein zu finden, der mit dem Text gut „verheiratet“ werden kann, die richtige Runengröße zu ermitteln, vielleicht auch noch ein Motiv und dann den Text in den Stein zu bringen,
ist allerdings ziemlich groß.

Für den Stein in Arnis habe ich kumulativ bestimmt zwei Wochen gewerkelt.

Nun zu euren Antworten. Dass es sich um einen (modernen) Runenstein handelt, war wohl allen klar.

In Arnis verortet wurde er von Maren Sievers, Runa Borkenstein, Heino Küster, Konrad Reinhardt und Regina Blätz.

Die Schrift als „Futhark“ benannt haben Maren Sievers und Konrad Reinhardt.

Und an der Inschrift haben sich erfolgreich Konrad Reinhardt, Maren Sievers, Wolfgang Dase und Regina Blätz versucht.

Einige haben sie (unabhängig von den eigenen Bemühungen) auch im Internet entdeckt. Die dort zu lesenden Angaben sind nach den obigen Ausführungen allerdings etwas irreführend.

Zur Abrundung dieses außergewöhnlichen Themas zwei weitere Arbeiten von Patrik Tabatabai:
die „Raben“ von 2018 und ein älteres Werk von 2016.

Runenstein - Patrik Tabatabai (2018)Runenstein - Patrik Tabatabai (2018)

Runenstein - Patrik Tabatabai (2016)Runenstein - Patrik Tabatabai (2016)

Ich bedanke mich sehr herzlich für die großzügige Unterstützung des „Urhebers“ Patrik Tabatabai und bei Michaela für die tolle Vorab-Recherche, ohne die wir ihn gar nicht gefunden hätten.

Ich erwarte nicht, dass euch das Thema so gefangen genommen hat wie mich selbst, aber es wäre schön, wenn dieser Beitrag auch euch ein wenig begeistert hat.

Abschließendes Zitat des Künstlers:

Es freut mich außerordentlich, dass Sie Interesse an der Sache gefunden haben. Die Thematik ist tatsächlich geeignet, rasch eine gewisse „Sogwirkung“ zu entfalten.

29 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

  1. Regina Blätz

    Zu 2: Arnis?

  2. Regina Blätz

    3. Runenzeichen

  3. Regina Blätz

    4.reJulia errichtete diesen Stein 10Tage nach Ostern im Jahre 2017 zum Wiegenfeste ihres Vaters Klaus. In 25 Jahren bezwang er die Meere und segelte (?) umdie Welt(?) Zeugte vier Kinder und rettete(?)….Geht es auf der Rückseite weiter?

  4. Wolfgang Dase

    zu 4)
    Julia errichtete diesen Stein 11 Tage nach Ostern im Jahre 2017 zum Wiegenfeste ihres Vaters Klaus. In 25 Jahren bezwang er die Meere und segelte um die Welt zeugte 4 Kinder und rettete…

  5. Konrad Reinhardt

    Steht es vielleicht in Arnis ?

  6. Maren Sievers, geb. Bonau

    2) ich vermute mal Arnis, würde dort
    künstlerisch passen

  7. Maren Sievers, geb. Bonau

    3)älteres Futark

    1. Konrad Reinhardt

      Futhark

    2. Konrad Reinhardt

      Der 3. Buchstabe ist ein 'th'.

  8. Maren Sievers, geb. Bonau

    1) nachempfundener Runenstein/ kein Original

  9. Maren Sievers, geb. Bonau

    4)Julia errichtete diesen Stein 11 Tage nach Ostern
    im Jahre 2017 zum Wiegenfeste ihres Vaters Claus
    In 75 Jahren ( bezwang er die Meere und segelte)
    um die (Welt), zeugte 4 Kinder und rettete
    "Rückseite": als Heilkundiger vielen Menschen
    das Leben. Auf dass Frohsinn, Wohlergehen
    und Liebe ihn auch in Zukunft begleiten werden.
    Patrik ritzte diese Runen.

  10. Konrad Reinhardt

    Runen, Runes, Vikings: Runenstein (Schrift: älteres Futhark, Maße: 115x18x8cm). Selbst gefertigt gegen Bestellung (480€) Text: "Julia errichtete diesen Stein 11 Tage nach Ostern im Jahre 2017 zum Wiegenfeste ihres Vaters Claus. In 75 Jahren bezwang er die Meere und segelte um die Welt, zeugte vier Kinder und rettete als Heilkundiger vielen Menschen das Leben. Auf dass Frohsinn, Wohlergehen und Liebe ihn auch in Zukunft begleiten werden. Patrik ritzte diese Runen."

  11. Heino Küster

    Zu 3) Runen-Zeichen

  12. Heino Küster

    Zu 1) Stele

  13. Heino Küster

    Zu 2) Arnis?

  14. Maren Sievers, geb. Bonau

    Für die Jahreszahl wurden
    Römische Zahlen genommen: 2017

  15. Maren Sievers, geb. Bonau

    1)Runenstein

  16. Maren Sievers, geb. Bonau

    4) Julia errichtete diesen Stein 9 Tage
    nach Ostern im Jahre ******** zum Wiegen
    feste ihres Vaters Claus in ****
    um die*e zeugte ** Kinder und rettete.

  17. Runa Borkenstein

    zu 2. Arnis (hatten wir lange nicht :) )

  18. Maren Sievers, geb. Bonau

    3) Futark Runenschrift

  19. Maren Sievers, geb. Bonau

    4)………nach Ostern im Jahre……

  20. Wolfgang Dase

    zu 2) Ex-Marinestützpunkt Olpenitz?

  21. Runa Borkenstein

    3. Runenshrift
    4. Gedenkstein für einen Verstorbenen

  22. Runa Borkenstein

    zu 1. ein Runen- oder auch Skarthi-Stein

  23. Maren Sievers, geb. Bonau

    Könnte ein Kunstprojekt
    in Arnis sein, in Runenschrift.

  24. Konrad Reinhardt

    Achim, durch deine Anfrage neulich bin ich natürlich schon etwas vorgewarnt. Aber vielleicht kann ich ja außer Konkurrenz mitmachen?
    Hier nun meine Version zu 4. :
    JULIA ERRICHTETE DIESEN STEIN 11 TAGE NACH OSTERN IM JAHRE 2017. IN 25 JAHREN BEZWANG ER DIE MEERE UND SEGE(LTE) UM DIE WELT, ZEUGTE 4 KINDER UND RETTETE ……………

  25. Wolfgang Dase

    zu 1) es ist ein Runenstein.

    zu 3) es sind Wikingerrunen

  26. Konrad Reinhardt

    Sieht aus wie ein moderner Runenstein. Ich kann da eine Jahreszahl in römischen Ziffern erkennen.

  27. Dietrich von Horn

    König Blauzahn berichtet den Kapplern von seinem Beutezug in Lindisfarne/England.. Der Stein wurde gefunden auf dem ehemaligen Gelände der Betonfabrik Rune Ellenberg, die einmal ansässig in Kappeln war, aber bereits 1923 pleite ging.

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