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Mai 07 2014

Kreisbahnen in Kappeln

Wie die Kreisbahnen nach Kappeln kamen

von Dirk Heinrich Rahn

Einmalig für Schleswig-Holstein war, dass in Kappeln drei Kreisbahnen in einem Ort zusammentrafen, von denen die Schleswiger Kreisbahn bis 1972 fuhr und auf deren Gleisen es bis heute die Museumsbahn gibt.

Der Beginn 1886.

Das Eisenbahnzeitalter begann für Kappeln 1886 zunächst mit der Flensburger Kreisbahn. Damals war man mit Pferd und Wagen – es fuhren noch die Postkutschen – auf schlechten Wegen und kaum ausgebauten festen „Chausseen“ ziemlich langsam unterwegs.

Die fortschrittliche Eisenbahn kam nicht überall hin, die (später verstaatlichte) Bahnstrecke Kiel–Eckernförde–Flensburg bestand seit 1881 (und diese führte entgegen ersten Planungen nicht über Kappeln sondern über Süderbrarup). So war die Idee in jener Zeit, neben den „großen Staatsbahnen“ das ländliche Kappeln - LokschuppenUmland mit (privaten) Kleinbahnen, meist auf Kreisebene, zu erschließen – hauptsächlich für die An- und Abfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, anderen lokalen Produkten (Ziegel, Kies) und im Personenverkehr auch für den Berufs- und Schülerverkehr in die Städte. Um Akzeptanz zu schaffen und um die hohen Kosten zu stemmen, wurden mit günstigeren Schmalspurbahnen oft auf Umwegen möglichst viele Ortschaften angefahren.

Die Kleinbahn (Spurweite 1000 mm) von Flensburg über Glücksburg, Rundhof, Gelting nach Kappeln wurde 1885/86 mit einigen Schwierigkeiten in Etappen gebaut und erreichte am 1. Juli 1886 Kappeln. Diese Nordstrecke wurde in den Jahren 1901/02 durch die Südstrecke von Flensburg über Satrup bis Rundhof ergänzt.

Kappeln - NordhafenDie Länge der Bahnstrecke von Flensburg nach Kappeln betrug rund 50 Kilometer bei einer direkten Entfernung von etwa 31 km, die Schmalspurlokomotiven fuhren mit der atemberaubenden Geschwindigkeit von 30 km/h, die Züge waren meist als kombinierter GmP – Güterzug mit Personenbeförderung – unterwegs (mit Rangier- und Ladezeiten). So dauerte die Fahrzeit in den Anfangsjahren drei Stunden. Das Verkehrsaufkommen war dann höher als erwartet, die Nordstrecke fuhr guten Profit ein. Die Südstrecke deckte gerade die Betriebskosten.

Der Bahnhof in Kappeln – als Gebäude diente das Bahnhofshotel – lag direkt am Nordhafen auf sehr beengtem Raum. Einen Bahnsteig gab es zunächst nicht, die Fahrgäste stiegen auf dem Straßenpflaster ein und aus, der Güterumschlag wurde auf dem eingebetteten Ladegleis zum Güterschuppen hin direkt zwischen Fuhrwerk und Güterwaggon erledigt.

Die nächste Bahn kommt 1889 nach Kappeln – fast.

Nach einer ebenfalls schwierigen Planungs- und Bauphase führte die Schmalspurstrecke der Eckernförder Kreisbahn durch Schwansen mit Ziel Kappeln 1889 nur bis Bahnhof Kappeln - PontonbrückeEllenberg,
weiter ging es zunächst nicht. Eine zweite Strecke von Eckernförde nach Owschlag wurde 1904 eröffnet.

Das Problem in Richtung Kappeln war die alte Pontonbrücke über die Schlei, die mit einer Dampflokomotive nicht befahren werden durfte. Über ein gelegtes Gleis konnten ab 1890 aber leichte Güterwagen von Pferden gezogen Stückgut und Gepäck zum Flensburger Kreisbahnhof bringen. Erst durch den Neubau der Drehbrücke 1927 war dann durchgehender Zugverkehr möglich.

Im Dezember 1904 kommt als Dritte die Schleswiger Kreisbahn.

Kappeln - Schleswiger Kreisbahnhof1901 wurde die Schleswiger Kreisbahn gegründet, als Nachfolgerin der in jeder Beziehung maroden „Schleswig-Angeler Eisenbahn“ die seit 1883 die Normalspurstrecke von Schleswig-Altstadt nach Süderbrarup betrieb, welche dort direkten Anschluss an die Staatsbahnstrecke Kiel–Flensburg hatte.

Nach einer Aufarbeitung der Süderbrarup-Strecke wurde dann im Juli 1904 die Strecke Schleswig-Altstadt–Satrup eröffnet und bereits am 22.12.1904 die Streckenerweiterung von Süderbrarup bis Kappeln.

Letztlich wurde knapp ein Jahr später noch die dritte Strecke von Schleswig nach Friedrichstadt eröffnet.

Die Schleswiger Kreisbahn hatte ihre Strecken nach hartnäckigen Auseinandersetzungen mit den Erbauern der anderen Kreisbahnen doch in der deutlich stabileren und teureren Normalspur (1435 mm) gebaut, was sich später als viel nachhaltiger erweisen sollte. Sie fuhr am längsten und die Kappeln - SüdhafenReststrecke Süderbrarup–Kappeln gibt es als einzige noch heute.

Den Bahnhof konnte die Schleswiger Kreisbahn aus Platzgründen nur südlich der Pontonbrücke auf Höhe der Concodia-Brücke errichten mit drei Gleisen, Lok- und Güterschuppen und einem Empfangsgebäude. Ein Übergabegleis führte weiter in Richtung Flensburger Kreisbahnhof in ein Rangier- und Freiladegleis, hier konnten Güter zu den Frachtschiffen und zu der Schmalspurbahn umgeladen werden.

 


Literaturhinweise

(1 Titel noch erhältlich, 1 Titel noch nicht erschienen)

  • Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen
    Teil 1 Schleswig-Holstein Hamburg
    132 Seiten (hier Seite 25 bis 44)
    Zeunert, Gifhorn, 1972
  • Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen (vollständige Neubearbeitung)
    Band 12 Schleswig-Holstein – Östlicher Teil
    360 Seiten (hier Seite 272 bis 359), 45 €, ISBN 978-3-88255-671-1
    EK-Verlag, Freiburg, 2011
  • Heinz-Herbert Schöning, Dirk W. Kupfer: Die Flensburger Kreisbahnen
    128 Seiten, Nebenbahndokumentation Band 80
    Verlag Kenning, Nordhorn, 2004
  • Heinz-Herbert Schöning: Die Eckernförder Kreisbahnen
    112 Seiten, Nebenbahndokumentation Band 33
    Verlag Kenning, Nordhorn, 1998
  • Johannes M. Fox, Hinrich Rudolfsen: Die Schleswiger Kreisbahn
    ca. 176 Seiten, ca. 29,90 €, ISBN 978-3-933613-67-7
    Verlag Kenning, Nordhorn, noch nicht erschienen
  • Matthias Schartl (Hg): Schiene – Straße – Schiff
    100 Jahre Verkehrsbetriebe des Kreises Schleswig-Flensburg
    184 Seiten, Schriften der Kulturstiftung des Kreises
    Schleswig-Flensburg, Schleswig, 2001
  • Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland (Loseblatt-Sammelwerk)
    GeraNova Verlag, München
    hier:
    • Ewald Düring: Flensburger Kreisbahn
      20 Seiten, o. J.
    • Andreas Kerber: Eckernförder Kreisbahn
      10 Seiten, o. J.
    • Heinz-Herbert Schöning: Schleswiger Kreisbahn
      26 Seiten, o. J.

26. Januar 2015

Moin Moin!
Hier ein kleiner Hinweis zur „Spule“, der Flensburger Kreisbahn, als Ergänzung zur angegebenen Literatur.

Das Buch „Die Spule – Erinnerungen an die Kreisbahn Flensburg-Kappeln“ ist 2005 als Sonderband 10 zur Chronik des Kirchspiels Steinberg erschienen und wird zurzeit in einer unveränderten Neuauflage mit einem anderen Titelbild gedruckt und am 23. April 2015 im „Steinberger Hof“ (ehem. Bahnhof Steinberg) vorgestellt, u. a. mit einem Filmvortrag zur „Spule“ von Dieter Nickel.

Inhalt:
Hans Diedrich Jürgensen: Mit der Kleinbahn nach Steinbergkirche
Bernhard Asmussen: Nächster Bahnhof Steinberg
Renate Petersen: Kleine Begebenheiten rund um die Spule
Olaf Rathje: De „Söss-Söbenteihn“ oder: Schoolweg – Schoh weg

Mit freundlichem Gruß
Bernhard Asmussen
Kirchspielarchiv Steinberg

4 Kommentare

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  1. Hartmut Stäcker

    Hans Diedrich Jürgensen beschreibt in seinem Buch über das Kirchspiel Steinbergkirche / Mit der Kleinbahn zur Schule: Werner Stäcker aus Flensburg besuchte in den Kriegsjahren die Aufbauform der KHS, wohnte „auf Zimmer“ und fuhr wochenends nach Hause, sommers mit dem Rad (2 Stunden), winters mit der Spule (3 ½ Stunden o. mehr). Zeit genug, das Lied von der Spule zu dichten und mit den Fahrschülern zu singen (nach der Melodie von der Schwäbschen Eisenbahn).

    Up de Kappler Iesenbahne
    Gifft dat veele Haltstatione
    Kappeln, Grimsnis, Stenderup
    Und denn noch so’n gansen Hupp

    Hett man sein Billett denn kreegen
    Und is in’t Kupee insteegen
    Süht man to sein grooten Schreck
    Alle Plätze sind besett

    Will man mol vun Kappeln wech
    Und man hett schon allns torecht
    Avers wat nich losfohrn deit
    Is den Spule de verdreiht

    Geiht dat denn man endlich loos
    Ward dat dennoch gans famoos
    Düwelstempo sleit se an
    Dat man reinwech bang warn kann

    Tempo hett se ook noch maal
    Awer bloos wenn’t geiht bargdaal
    Wenn se een lütt Barg hoch mutt
    Junge Lüüd köön stiegen uut

    Spaaß de Schaffner hett daran
    Wenn he mol rangieren kann
    Drüm hangt he de Wagens dann
    Örnlich dörenanner an

    Und de Schaffners alltosamen
    Gans egal wann to Hus se kaamen
    Öftmals gohn in een Krog se rin
    Geeten sik een achter de Bin

    Kümmt man denn mol Flensburg näher
    Geiht dat immer een beten schneller
    Und de Spule faucht un jappt
    Denn de Tied de ward recht knapp

    Stöhnen awers nützt jo nix
    Laat uns man mol röpen fix
    Unse Spule müch noch lang
    Fohren dör dat Angelland

    1. manfred rakoschek

      datt hett mi graad noch fehlt
      to min isenbahnspaaß hüt:
      veelen dank

    2. Wolfgang Jensen

      Toller Fund, Hartmut! :smile:

  2. manfred rakoschek

    moinmoin,
    balsam für meine eisenbahnerseele,
    schulferner heimatbezogener stoff,
    beizeiten mehr kommentar,
    manfred

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