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Apr 16 2013

Gründung der Klaus-Harms-Schule

90 Jahre Klaus-Harms-Schule (1)

Die Gründung der Klaus-Harms-Schule 1923

(Auszug aus: 75 Jahre Klaus-Harms-Schule – Festschrift zum Jubiläum)

»… viele Schwierigkeiten und Widerstände gab es zu überwinden, bevor am 8. und 13. März 1923 das Kappelner Stadtverordnetenkollegium sich einstimmig dafür entschied, eine „Aufbauschule“ zu errichten und sich am 16. März in einem, mit Vertretern der zuständigen preußischen Ministerien für Wissenschaft, Kunst und VolksbiIdung sowie Finanzen, geschlossenen Aufbauschulvertrag (am 09.04.1923 in Berlin endgültig genehmigt) dazu verpflichtete, ein entsprechendes Gebäude mit Inventar für den am 10. April 1923 anlaufenden Schulbetrieb zu stellen und zu unterhalten…

Kappeln war zu jener Zeit ein kleines, am Rande des Städtedreiecks Schleswig (Kreisstadt) – Eckernförde – Flensburg gelegenes Provinzstädtchen mit weniger als 3.000 Einwohnern, das aber zwischen 1886 und 1904 durch drei Kreisbahnen und zwei Schifffahrtslinien mit diesen Städten und auch Kiel verbunden wurde. Zwar war die wirtschaftliche Bedeutung des Hafens gleichzeitig zurückgegangen, aber es gab mehrere über seine Stadtgrenzen wirkende Unternehmen, die besonders seit Beginn des Jahrhunderts für Arbeit und stabile Verhältnis se sorgten: Holzhandlung Lorentzen, Ziegelei Ancker, Maschinenfabrik und Eisengießerei Claussen, Getreidehandel Kruse – ab 1921 Getreide-AG, Angler Milchwerke 1919 – ab 1928 die dann ausgebauten Nestlé Werke.

Wie konnte diese kleine Stadt daran denken, sich nach der Einrichtung der Mittelschule 1915 noch den Luxus eines teuren Gymnasiums zu leisten und in Zukunft zu unterhalten, und das in der ungemein schwierigen, wirtschaftlich und politisch instabilen Lage nach dem verlorenen Weltkrieg und den sich immer drastischer auswirkenden Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages? Zwar waren die Aufstände und bürgerkriegsähnlichen Unruhen, der Kapp-Putsch und seit Januar 1923 der Ruhrkampf, der von der Reichsregierung unterstützte passive Widerstand gegen die französische und belgische Besetzung des Ruhrgebietes, weit von Kappeln entfernt und wurden nur durch den Schlei-Boten vermittelt, die materiellen Auswirkungen der Reparationszahlungen und der Finanzierung des Ruhrkampfes wurden aber auch hier für alle Bürger in der rasenden Geldentwertung spürbar.

Emanuel Lorentzen (1875-1960)Wenn auch der Satz „Männer machen Geschichte“ fast immer vereinfachend und falsch ist, für die Gründung unserer Schule in Kappeln ist er zutreffend. Der Holzhändler, Stadtrat Emanuel Lorentzen (1875-1960), der auch später engagiert die Errichtung der Landwirtschaftsschule und den Bau der Drehbrücke 1927 vorantrieb und wegen seiner Verdienste von seiner Heimatstadt Kappeln 1955 zum Ehrenbürger ernannt wurde, besaß den nötigen politischen Weitblick, die Hartnäckigkeit, Überzeugungs- und Durchsetzungsfähigkeit, die zweite weiterführende Schule am Ort gegen viele Widerstände zu verwirklichen, um so das vorhandene Bildungspotential am Rande Angelns und Schwansens besser auszuschöpfen und den Schülern dieses Raumes den weiten Weg an die Domschule in Schleswig bzw. den teuren Pensionsaufenthalt in der Kreisstadt zu ersparen.

Ein während des Abstimmungskampfes zwischen Dänen und Deutschen 1920 von Berlin gegebenes Versprechen, in Kappeln eine höhere Schule einzurichten, wurde zurückgezogen, als die Stadt nicht in die Abstimmung einbezogen wurde, da „Kappeln für das Deutsche Vaterland nicht mehr gefährdet sei.“ (ablehnender Bescheid vom 28.12.1922).

Lorentzen hatte in seiner politischen Arbeit die Umständlichkeit und Unbeweglichkeit der Kreisverwaltung und ihre ablehnende Haltung zur geplanten Schulneugründung erfahren (u. a. wegen der Angst der Domschule um Schülerzahlen und der vom Mittelschulleiter Kappelns geäußerten Überzeugung, in Kappeln und Umgebung gäbe es „nicht genug intelligente Kinder, um eine höhere Schule lebensfähig zu machen“). Lorentzen verstand es geschickt, die eigentlich zuständigen vorgesetzten Behörden in Schleswig zu umgehen und persönliche Kontakte mit den entscheidenden Stellen in Berlin zu knüpfen. Seine zupackende Art wird deutlich in seinem von ihm 1948 anläßlich des 25-jährigen Schuljubiläums erstellten Bericht über die Entstehung der Aufbauschule:

„Plötzlich erhielt ich eines Tages ein Telegramm (aus Berlin): „Falls Sie eine Aufbauschule haben wollen, können wir morgen zur Errichtung herkommen.“ Ich telegrafierte sofort: „Akzeptiere Aufbauschule“, ohne Stadtverordnetenkollegium zu fragen und ohne zu wissen, welche Bedingungen auferlegt würden. Ich setzte mich mit Herrn Bürgermeister Plewka in Verbindung, ein dringendes Stadtverordnetenkollegium beschloss die Errichtung der Schule.“ (08.03.1923).

Dieser in seiner Zeit überaus mutige Beschuß wurde allerdings durch eine äußerst wichtige Tatsache erst ermöglicht: Die Stadt Kappeln besaß ein 1906 errichtetes Gebäude in der Kirchstraße, die bis 1921 betriebene Präparandenanstalt, die der Ausbildung künftiger Volksschullehreranwärter diente. Es stand 1923 leer bzw. wurde vom Bürgermeister bewohnt und mußte in dieser Notzeit – und auch hier zeigte sich die Tatkraft und Organisationsfähigkeit des Stadtrats – mit dem nötigen Inventar (Schulmöbel, Lehrmittel, Bücher, Harmonium, Flügel und Orgel) ausgestattet werden.

In einem Schreiben an das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Berlin heißt es: Wir bitten „um tätige Unterstützung in unserem schweren Kampf (in Angeln) um unser Deutschtum gegen die dänische Agitation (in neu gegründeten dänischen Schulen und Versammlungshäusern). Wir besitzen in ganz Angeln nicht einen einzigen Festraum, in dem wir uns zur Pflege deutscher Kultur und nötigenfalls zur Abwehr dänischer Anmaßung versammeln könnten.“ Die Aula als ein solcher Festraum sei „völlig ausgeräumt“ worden und könne durch Möblierung „wieder zu dem alten Kulturmittelpunkt unseres Landes (werden). Das bedrohte Deutschtum wird es Ihnen danken“.

Lorentzen selbst organisierte den Transport der Gegenstände aus aufgelösten Lehrerseminaren in Eckernförde, Schleswig und Ratzeburg, ein Waggon kam sogar aus Mainz. Er ermöglichte den vertraglich vereinbarten Anbau durch Beschaffen von Baumaterial, zum Teil gegen Kornzahlung oder durch Kredit der Schleibank, den er wegen der Inflation nicht zurückzuzahlen brauchte:

„Die Zeichnungen wurden gemacht und nach Schleswig eingeschickt. Schleswig sabotierte wieder den Bau. Sie wußten genau, daß wir bei der immer größer werdenden Inflation den Bau nicht fertig machen könnten; denn es stand im Kontrakt, wenn wir unseren Verpflichtungen nicht nachkommen würden, die Schule wieder aufgegeben würde.“

Auch diese kritische Situation wurde durch den persönlichen Draht nach Berlin gemeistert. Aber erst ab dem Frühjahr 1925 konnte der Erweiterungsbau genutzt werden.«

90 Jahre Klaus-Harms-Schule (2):

Warum wurde die Schule nach Klaus Harms benannt?