Klaus-Harms-Schule
Unterstufen-Klassenfahrt nach Rantum 1962
von Dieter Tikovsky (Tiko)
Nachdem ich schon über meine Erinnerungen an die Mittel- und Oberstufen-Klassenfahrten berichtet habe, fehlt jetzt noch die Fahrt in der Unterstufe. Diese Fahrt liegt am längsten zurück. Deshalb könnte es sein, dass sich eventuell Fehler in meine Erinnerungen eingeschlichen haben. Aber sei’s drum.
Die Unterstufenfahrt in der Quarta führte meine Klasse und die Parallelklasse nach Sylt. Ziel war das ADS-Schullandheim in Rantum. Stattgefunden hat das Ganze wohl Anfang Juni 1962. Ich erinnere mich noch daran, weil zu dieser Zeit die Fußballweltmeisterschaft in Chile stattfand und ich im Vorfeld schon befürchtete, dort nichts von diesem Sportereignis mitzubekommen. Aber im Endeffekt war es halb so schlimm, denn 1. gab es aus Chile sowieso keine Fernsehbilder und 2. spielte die deutsche Mannschaft schlecht und schied schon früh aus.
Jetzt aber zur eigentlichen Fahrt. Von Kappeln aus ging es per Bus und Bahn über Flensburg und Niebüll nach Westerland. Von dort sollten wir mit der Inselbahn nach Rantum ins Schullandheim weiterfahren. Ich war ziemlich überrascht, denn unter Inselbahn hatte ich mir etwas anderes vorgestellt und nicht einen altmodischen Bus auf Schienen. Immerhin brachte uns dieses seltsame Gefährt zwar langsam aber wohlbehalten nach Rantum Nord, von wo aus wir noch einen kurzen Fußmarsch zu unserer Unterkunft absolvieren mussten.
An Stelle unseres verhinderten Klassenlehrers Pankalla wurden wir von unseren Sportlehrern Frau Mohrbach und Herrn Fuge begleitet, was die Klassenfahrt bezüglich der Aufsichtspersonen für uns sehr entspannt werden ließ. Die Parallelklasse hatte ihren Klassenlehrer Herrn Franke dabei.
Das Schullandheim stellte sich als eine ehemalige Kaserne heraus – und entsprechend waren auch sowohl die Räumlichkeiten als auch die Erwartungen an unser Verhalten, die uns der Heimleiter gleich nach unserer Ankunft klar machte.
Alle Jungs unserer Klasse waren in einem einzigen großen Schlafraum untergebracht. Diesen galt es äußerst penibel sauber zu halten. Ebenso war es erwünscht, dass die Betten morgens nach dem Aufstehen einheitlich und nach militärischem Muster gebaut wurden.
Während unserer Abwesenheit während des Tages führte die Heimleitung anscheinend einen „Stubendurchgang“ durch und bewertete die einzelnen Unterkunftsräume. Wenn man abends in das Schullandheim zurückkehrte, konnte man an einer großen Tafel im Eingangsbereich sehen, wie viele Punkte die eigene Stube auf einer Skala von 1 – 10 für den jeweiligen Tag bekommen hatte.
Zusätzlich hatten die einzelnen Zimmer noch Zusatzaufgaben zu erledigen. Wir hatten zum Beispiel die Aufgabe, den Weg über die Dünen zum Strand frei zu halten, was bedeutete, mit unseren kleinen Kinderschaufeln den Sand, den der Wind auf den Weg geweht hatte, wieder zu entfernen. Außer den beiden Klassen der Klaus-Harms-Schule waren zur selben Zeit noch andere Schulklassen dort, unter anderem aus Flensburg und Karby.
Das Essen fand für alle Klassen gemeinsam in einem großen Speisesaal statt. Es muss aber ganz in Ordnung gewesen sein, denn ich kann mich weder positiv noch negativ daran erinnern – bis auf eine Ausnahme: Zum Frühstück gab es öfter eine Milchsuppe mit kleinen Kügelchen darin. Abgesehen davon, dass ich sowieso keine Milchsuppen mochte, wurde mir diese zusätzlich verleidet, als ein Klassenkamerad die Bemerkung fallen ließ, dass es sich bei dem Zeug um Froscheier handele. Meine Mutter erklärte mir später, dass es sich dabei wohl um Sago gehandelt haben müsse.
Außer den Besuchen am nahe gelegenen Rantumer Strand zum Ballspielen und Strandburgen bauen (ob wir damals auch baden durften, weiß ich nicht mehr) machten wir auch verschiedene Tagesausflüge zum Teil zu Fuß, zum Teil auch mit der „Käseschieber“ genannten Inselbahn.
Ein Ausflug führte uns um das Vogelschutzgebiet Rantumer Becken nach Westerland, wo wir das Aquarium besuchten. Da wir damals noch nicht Herrn Tech als Klassenlehrer hatten, entfielen die sonst wohl obligatorisch gewesenen Vogelbeobachtungen. Soweit ich mich erinnere, holte uns die Ornithologie aber zu unserer allgemeinen Begeisterung doch noch ein, nämlich in Form eines Dia-Vortrages eines einheimischen Vogelkundlers an einem der Abende.
Ein weiterer Ausflug führte uns in den Norden der Insel nach List. Als besondere Sehenswürdigkeit war uns die Wanderdüne angekündigt worden. Als wir dort ankamen, war ich ein wenig enttäuscht. Die berühmte Wanderdüne sah aus wie alle anderen Dünen auf Sylt und bewegte sich kein Stück. Dafür mussten wir uns umso mehr bewegen, um über diese Düne zu wandern. Also trug sie ihren Namen wohl doch zu Recht.
Was mir bei den Fahrten mit der Inselbahn auffiel, waren die manchmal seltsamen Namen der verschiedenen Haltestellen: Klapholttal, Vogelkoje, Dikjen Deel oder Puan-Klent. Die Namen hörten sich irgendwie fremdartig und geheimnisvoll an.
Höhepunkt unseres Inselaufenthaltes war ein Ausflug aller Klassen mit dem Schiff zur Hallig Hooge. Zunächst ging es mit der Inselbahn an die Südspitze der Insel. Dort bestiegen wir einen Ausflugsdampfer, der uns vorbei an den in der Ferne zu sehenden Inseln Amrum und Föhr zur Hallig Hooge bringen sollte. Das Wetter war schön, so dass wir uns an Deck des Schiffes aufhalten konnten.
Irgendwann während der Fahrt wies uns einer der Lehrer darauf hin, dass wir jetzt die berühmten Seehundbänke passierten. Da wir aber lediglich ein paar dunkle Punkte in der Ferne erkennen konnten – das sollten die Seehunde sein – wandten wir uns lieber wieder für uns sinnvolleren Beschäftigungen zu.
Eine davon war folgende: Unser Klassenkamerad Klaus E. hatte schon länger ein Auge auf eine Schülerin vom Flensburger Gymnasium geworfen. Er hatte nun das Ziel, ein Foto von ihr zu ergattern, was sich wegen ihrer ständigen Flucht vor seinem Fotoapparat als nicht ganz einfach erwies. Also wurde folgender Plan geschmiedet. Mehrer Klassenkameraden mit Fotoapparaten sollten sich dem Mädchen auf dem Schiff von verschiedenen Seiten nähern, damit sie keine „Fluchtmöglichkeit“ hätte und damit wenigsten einer dann das begehrte Foto schießen könnte. Ob das Vorhaben wie geplant gelang, kann ich allerdings nicht sagen.
Auf Hooge angekommen besuchten wir wandernd mehrere der so genannten Warften: auf einer gab es einen kleinen Hofladen, wo man Erfrischungsgetränke und Süßigkeiten kaufen konnte, auf einer anderen war die Halligkirche zu besichtigen und als größte Sehenswürdigkeit von Hooge galt die Warft, die den Königspesel beherbergt. Dieser Raum, in dem vor langer Zeit mal ein Dänenkönig übernachtet haben soll, ist mir damals aber nur wegen seines merkwürdigen Namens in Erinnerung geblieben.
So waren wir eigentlich alle froh, als es endlich wieder zurück zum Schiff und nach einer auf der Rückreise eher langweiligen Seefahrt gen ADS-Schullandheim ging.
Ein weiterer Tag war den sportlichen Wettkämpfen mit den anderen mit uns im Schullandheim wohnenden Klassen gewidmet. Dabei ging es in verschieden Staffelläufen und in Handball- bzw. Völkerballspielen darum, möglichst den Sieg für die eigene Klasse und damit kleine Preise zu ergattern. Als eher mittelmäßiger Sportler war ich dabei hauptsächlich Zuschauer, fand aber insbesondere die Umkleidestaffel witzig, bei der die Staffelläufer bei jedem Wechsel diverse Kleidungsstücke aus- bzw. anziehen mussten.
Am Ende unseres Schullandheim-Aufenthaltes fand die Siegerehrung im Zimmerwettbewerb statt. Unsere Klasse kam überraschenderweise bei den Jungen auf den zweiten Platz (glaube ich jedenfalls). Danach ging es über Westerland und Flensburg zurück nach Kappeln, wo wir schon von unseren Eltern erwartet wurden.
Achim: Danke, Tiko, für diese schönen Erinnerungen. Das Schullandheim in Rantum haben inzwischen wohl nicht nur unzählige „Jahrgänge“, sondern ganze Generationen „durchlaufen“ – und fast immer dürfte eine schöne Erinnerung hängengeblieben sein.
Zu deiner Klassenfahrt (die übrigens laut Schulchronik vom 4.-15. Juni 1962 stattfand) gibt es auch noch ein paar „Original“-Berichte, von denen ich – weil ich schon seit meiner Schulzeit „Hooge-Fan“ bin – einen gern noch ergänzend hinzufügen möchte, und zwar aus dem Jahresbericht 1962/63 der Klaus-Harms-Schule:
Unsere Fahrt nach Hallig Hooge
An einem herrlichen Sonnentag machten wir uns von Rantum auf den Weg nach Hallig Hooge. Um 10 Uhr fuhr die Inselbahn nach Hörnum ab. Als alle Klassen in den Wagen verstaut waren, fuhren wir vergnügt los. Aber plötzlich blieb der „Käseschieber“ in Puan Klent stehen. Wir wurden schon unruhig und dachten, irgendetwas sei schiefgegangen. Aber nach etwa 10 Minuten setzte sich der Zug wieder gemütlich in Bewegung.
In Hörnum gingen wir an Bord des Dampfers „Hilligenlei“; unterwegs ging es recht vergnügt zu. Ein Lehrer spielte auf dem Akkordeon; eine Lehrerin dirigierte und wir sangen oder grölten dazu, jeder wie er konnte oder Laune hatte. Nach einer Weile tauchten die Seehundbänke vor uns auf, und wir konnten sogar einige Seehunde als schwarze Punkte in der Ferne erkennen. Kurz danach sahen wir links und rechts die Inseln Amrum und Föhr.
Nach etwa zwei Stunden hatten wir unser Ziel, Hallig Hooge, erreicht. Über einen Holzsteg gelangten wir auf die einzige mit Steinen befestigte Hallig. Wir hatten alle mächtigen Hunger bekommen und machten erst mal Rast auf einer Wiese. Unser erstes Ziel war dann die Backenswarft. Dort lag, wie Herr Studienrat Franke uns angekündigt hatte, tatsächlich Kuhmist zum Trocknen aufgestapelt. Die Friesen verwenden ihn ja als Brennmaterial.
In der Backenswarft konnten wir uns Eis oder Sprudel kaufen, und es standen Tische und Stühle zum Ausruhen bereit. Dann gab es aber einen großen Spaß! Die Besitzerin stellte eine Tasse Kaffee vor Herrn Studienrat Fuge auf den Tisch, der sie daraufhin ganz verdutzt ansah. Es entwickelte sich ein lustiges Zwiegespräch; sie behauptete, er habe den Kaffee bestellt, während er das entrüstet abstritt. Schließlich erbarmte er sich aber und trank den Kaffee aus. Wir hatten jedenfalls bei diesem Mißverständnis einen Riesenspaß.
Anschließend wanderten wir zur Kirchwarft. Schon von weitem konnten wir den hölzernen Glockenturm vor der Kirche erblicken. Wir kamen nun näher an die kleine Kirche und den Friedhof heran. Die Tür der Kirche war mit einer Blumenguirlande geschmückt. Die Tür war so niedrig, daß wir unsere Köpfe ein wenig einziehen mußten, um hineinzukommen. Im Innern blieben wir überrascht stehen; so hübsch hatten wir sie uns nicht vorgestellt. Die Bänke für die 170 Einwohner der Hallig waren alle wunderschön angestrichen, und überall hingen alte Bilder an den Wänden. Nach der Besichtigung ging es dann weiter zur Schulwarft, auf der 30 Kinder unterrichtet werden.
Alle, die noch Lust dazu hatten, besichtigten den bekannten „Königspesel“. In diesem Zimmer hatte ein König von Dänemark einmal übernachtet; deshalb hat man zum Gedenken hieran den Raum „Königspesel“ genannt.
Es wurde höchste Zeit, daß wir wieder zu unserem Dampfer aufbrachen, denn um 14.30 Uhr sollten wir wieder abfahren. Also mußten wir ordentlich marschieren, und wir kamen dann auch noch rechtzeitig zum Anlegeplatz. Auf dem Dampfer wollte keine rechte Stimmung mehr aufkommen; denn wir waren alle sehr müde. Von Hörnum aus fuhren wir das letzte Stück wieder mit dem „Käseschieber“ und kamen endlich todmüde in Rantum an.
(Birgit Wülbers, IVb)
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