Einige Male wurden mir schon Bilder zugeschickt, in denen es hauptsächlich um Ortsanfragen ging. Leider konnten wir den meisten Interessenten bisher kaum weiterhelfen.
Diesmal liegt der Fall anders. Ramona Wöhrl und Carmen Kusterer aus Augsburg haben mich gebeten, ihnen durch Veröffentlichung ihres Anliegens möglicherweise weiterzuhelfen.
Es geht um den Unfalltod eines Schülers 1965 in Winnemark.
Wir sind bei unserer Recherche auf die Internetseite SchulZeitReisen gestoßen und hoffen, dass ein User der Seite uns etwas über den Fall berichten kann bzw. jemanden kennt, der etwas wissen könnte.
Es geht um unseren Bruder René Leßner, der am 16.06.1965 auf dem Weg von der Schule den massiven Verletzungen, die er nachdem er von einem LKW erfasst worden ist, tödlich erlegen ist.
Anbei drei Zeitungsberichte „Der Tod geht jeden Tag zur Schule mit“, „Verkehrsunfall endete tödlich“ und „ Das Unglück darf sich nicht wiederholen“, aus denen hervorgeht, um welche Tragödie es geht.
Laut Zeitungsbericht ereignete sich der Unfall in Winnemark zwischen dem „Weißen Schwan“ und Scharfeck. (Leider ist für den „Weißen Schwan“ im Internet nichts mehr zu finden. Wir wissen nicht wo sich dieser genau befunden hat).
Wir wissen nicht, welche Schule unser Bruder René zum Zeitpunkt des Unfalles besucht hat, doch im Zeitungsbericht wurde der Name des Schulrektors mit „Taege“ benannt.
Vielleicht kann sich jemand erinnern, an welcher Schule Herr Taege tätig war. Wo genau diese Schule sich damals befand und welche Art von Schule diese war.
Wir haben schon alle möglichen Ämter kontaktiert, doch da das Ereignis schon Jahrzehnte her ist, wurden, falls es Akten gab, diese vernichtet.
Die Seite SchulZeitReisen ist sind nun unsere letzte Hoffnung unser Fragen zum Unfallort/Unfallgeschehen und zur Schule, vielleicht durch einen Ortsansässigen oder ehemaligen Mitschüler*in beantwortet zu bekommen.
Hier die Texte der drei Artikel aus dem Schlei-Boten von 1965.
Verkehrsunfall endete tödlich
Schlei-Bote vom 16. Juni 1965
Karby (fm). Ein schwerer VerkehrsunfaIl ereignete sich am Dienstag in Winnemark zwischen dem „Weißen Schwan“ und Scharfeck. Ein neunjähriger Junge aus dem St. Nikolai-Heim in Sundsacker wurde auf dem Nachhauseweg von der Schule von einem Lkw erfaßt. Er erlitt einen Schädelbasisbruch, Beckenbrüche und linksseitige Lähmungen. An den Folgen der Verletzungen ist der Junge im Krankenhaus verstorben. Dem Lkw-Fahrer wurde eine Butprobe entnommen. Die Eltern der Schulkinder von Winnemark trafen sich gestern abend auf Grund dieses schweren Unfalls zu einer außerordentlichen Versammlung.
Der Tod geht jeden Tag zur Schule mit
Eltern verlangen Sicherheit auf dem Schulweg für ihre Kinder – Schulstreik in Betracht gezogen
Schlei-Bote vom 19. Juni 1965
Winnemark (cg). Einen eindringlichen Appell richtet der Elternbeirat der Winnemarker Schule an das Straßenbauamt, das Kreisordnungsamt Eckernförde, an den Schulrat und an die Gemeindeverwaltung, sofort etwas zu unternehmen, um die Sicherheit der Schulkinder von Winnemark, Sundsacker und Karlsburg auf der LIO 26 zu garantieren. Der Elternbeirat war nach dem schweren Unfall am Dienstag, bei dem ein neunjähriger Junge tödlich verletzt worden war, sofort zu einer Sitzung zusammengetreten.
„Jetzt ist es passiert. Alle unsere Forderungen nach Schaffung eines sicheren Schulweges für die Schulkinder haben nichts genützt. Das, was wir schon immer befürchtet haben, ist eingetreten. Eines unserer Kinder wurde ein Opfer dieser gefährlichen Straße.“
Mit dieser Meinung stand ein besorgter Vater nicht allein da. Nach Aussagen von Kindern ist es im letzten Jahr häufig vorgekommen, daß auf dem Schulweg manchmal nur noch der rettende Sprung in den Straßengraben der Ausweg vor den Kraftfahrzeugen war. Bisher ging es gut, am Dienstag schlug der Tod zu.
Der Schulweg der Winnemarker Kinder führt etwa drei Kilometer über die LIO 26. Nach Verbreiterung der Asphaltdecke ist für den Fußgänger kein Platz mehr vorhanden. Der Straßenrand ist nicht begehbar, der Graben von Gestrüpp überwuchert. Zudem hat man etwa 50 Meter vor der Schule in einer Kurve eiserne Leitplanken angebracht, die für die Kinder noch -weitaus gefährlicher sind. Konnte man sich bisher auf dem Schulweg vor den Autos mit einem schnellen Sprung in den Graben retten, so bleibt jetzt wegen der Planke keine Möglichkeit mehr. Der Verkehr auf dieser Straße hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Der Schulweg für die Kinder, besonders für die Kleinen, ist jeden Tag ein lebensgefährliches Unterfangen.
Die Elternschaft hat schon einmal protestiert. Unter Hinweis auf diesen unmöglichen Zustand wurde vom Kreis gefordert, einen Rad- oder Fußgängerweg neben der Straße anzulegen. Das wurde wegen der hohen Kosten abgelehnt. Auch der Hinweis auf die geplante Trasse der Schwansenstraße fehlte nicht. In einiger Zeit werde die LIO ja doch entlastet werden. – Welche Argumente, wenn es hier um das Leben und die Sicherheit der Kinder geht!
Die Erregung der Elternschaft in Winnemark ist begreiflich. Einige Mitlglieder forderten sogar, um den Wünschen den notwendigen Nachdruck zu verleihen und um die Behörden auf den tödlichen Ernst der Verkehrssituation hinzuweisen, einen Schulstreik in Betracht zu ziehen. Man könne nicht energisch genug fordern, daß etwas geschehe. Sollte es bei einer Ablehnung der Behörden bleiben, so sahen sich einzelne Elternteile außerstande, weiterhin für die Sicherheit ihrer Kinder die Verantwortung zu übernehmen.
Amtmann Kühl, Karlsburg, der an der Versammlung teilnahm, zog die Errichtung eines Provisoriums in Betracht. Zu Überlegen sei die Rodung des Grabens, der dann gleichzeitig notdürftig ausgebaut werden soll. Hier würde dann den Kindern ein sicherer Weg geschaffen. Wenn schon das Straßenbauamt einen Fußweg unter Hinweis auf „unvorstellbaren Kosten“ ablehne, so soll doch wenigstens diese Möglichlichkeut in Betracht gezogen werden.
Auch der Schülerlotsendienst, der nach Mitteilung von Rektor Taege schon an der Schule besteht, kann keine Endlösung sein. Einzelne Kinder wurden dadurch zu sehr vom eigentlichen Unterricht ferngehalten. Der Vorschlag auf eine Beschilderung der Straße mit Geschwindigkeitsbeschränkungen wurde nicht gutgeheißen. Es habe, sich gezeigt, daß einzelne Kraftfahrer sich doch nicht um diese Art Warnschilder kümmern.
Eine erste Maßnahme des Elternbeirats ist nun ein Protestschreiben an Schulamt, Straßenbauamt, Kreis Eckernförde und an die Gemeide. Gleichzeitig will man Vertreter dieser Behörden zu einer sofortigen Ortsbesichtigung einladen und mit ihnen dann über die Möglichkeiten zur Änderung der tödlichen Verkehrssituation auf der LIO 26 sprechen.
Das Unglück darf sich nicht wiederholen
Gemeinderat Winnemark fordert Sicherheit auf der LIO 26
Schlei-Bote vom 21. Juni 1965
Winnemark (sg). Nach dem Elternbeirat befaßte sich jetzt auch die Gemeindevertretung von Winnemark in einer Eilsitzung mit dem tragischen Tod des 10jährigen Schülers aus dem Kinderheim Sundsacker auf der LIO 26 bei Winnemark.
Bürgermeister und Amtmann Helmut Kühl hatte zu dieser Sitzung außer der Gemeindevertretung auch den Eckernförder Landrat v. Gayl sowie den Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr im Eckernförder Kreistag, Peter Ruschke, eingeladen. Die Gemeindevertretung beauftragte eine Abordnung, bestehend aus dem Bürgermeister, Vertretern aus ihrer Mitte sowie des Elternbeirats, beim Minister für Wirtschaft und Verkehr vorstellig zu werden. Das tragische Unglück darf sich nicht wiederholen!
Diese Abordnung soll dort eine Entschließung überbringen, in der auf Grund des tragischen Verkehrsunfalles der vergangenen Woche umgehend um Abhilfe ersucht wird.
Gedacht ist an die Errichtung eines Rad- und Fußweges. Der Gemeinderat von Winnemark empfiehlt ferner, daß die zuständigen Vertreter der Straßenbauverwaltung sich in einem in Kürze abzuhaltenden Ortstermin über die Gegebenheiten informieren.
Die Forderungen der Gemeinde Winnemark, wie auch der Nachbargemeinde Kopperby, zur Sicherung des Rad- und Fußverkehrs auf der Landesstraße Eckernförde – Kappeln werden bereits seit Jahren erhoben, ohne daß auch nur der Versuch unternommen wurde, von zuständiger Stelle Abhilfe zu schaffen.
Auch Landrat v. Gayl und der Vorsitzende des Wirtschafts- und Verkehrsausschusses, P. Ruschke, sagten der Gemeinde ihre Unterstützung bei ihrer Bemühung zu.
Als Antwort auf meine Frage, wo genau sich die Schule befand, hat mir Runa ein Postkarten-Foto geschickt. Dazu schreibt sie:
Dies ist die Winnemarker Schule in den 60ger Jahren.
Im linken Teil des älteren Gebäudes warendie Dienstwohnungen.
Davor verlief die Dorfstraße, evtl. im Straßenverzeichnis LIO 26 benannt.
Die Schule war der erste Gebäudekomplex auf der linken Seite bei Einfahrt in das Dorf .
Auf der rechten Seite gegenüber war in ca. 100m die Schlei.
13 Kommentare
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Regina Blätz
25. Februar 2024 um 17:46 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Könnte mit "Weißer Schwan" vielleicht die Schwonsburg gemeint sein?
Konrad Reinhardt
22. Februar 2024 um 22:55 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
In der ersten Hälfte der 50ger war mein Vater öfter mit dem Fahrrad unterwegs in der näheren Umgebung von Kappeln. Er besuchte dort die Dorfschulen und führte Gespräche mit den Schulleitungen. An einem Sonntag fuhr unsere Familie, meine Eltern, meine Schwester und ich mit dem Rad nach Winnemark. Eingeladen hatte uns der Rektor der Schule zum Kaffetrinken. Wenn ich mich recht erinnere hieß er Schauer. Er hatte eine Tochter Anke?, die etwas älter war als meine Schwester und ich. Sie zeigte uns das Schulgelände und die nähere Umgebung.
Maren Sievers
22. Februar 2024 um 22:54 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Ich bin da 1969 in der 1. Klasse gewesen. Wir mussten von Höxmark mit Schulbus dort hinfahren. Damals war das eine Außenstelle der Grundschule Karby. Das 2. Schuljahr fand dann in Brodersby statt und 3.+4. Klasse in Karby direkt.
Karl-Erich Henrici
22. Februar 2024 um 20:16 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Holger Petersen schrieb damals zum Rätsel "Sundsacker", der Unfall soll sich zwischen "Bettermann" und "Scharfeck" ereignet haben. In Richtung Kappeln gesehen befindet sich die so beschriebene Unfallstelle hinter dem eigentlichen Ortskern Winnemark. Mit "Bettermann" dürfte der zumindest regional bekannte, allerdings von unserer Kunsterzieherin nicht geschätzte Maler Bettermann gemeint sein, der sich am Schleiufer ein nett anzusehendes Häuschen gebaut hatte. Vielleicht war mit dieser Villa der "weiße Schwan" gemeint sein, denn es hatte einen auffälligen weißen Putz, wo in unserer Region doch das rote oder gelbe Ziegelmauerwerk vorherrschte. Bei "Scharfeck" dürfte es sich um die scharfe – in Richtung Kappeln gesehen – Rechtskurve, unweit vom Anwesen Bettermann entfernt, handeln. In der Kurve ging nach links die Straße nach Sundsacker ab. Passt also zum Schulweg des Jungen.
Runa Borkenstein
25. Februar 2024 um 11:43 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Gab es da später eine Annäherung zwischen dem Besitzer des "Weißen Schwans" und unserer Kunsterzieherin?
Nach meiner Erinnerung hat sie nach seinem Ableben das Haus zeitweise als Atelier genutzt.
Nicolaus Schmidt
25. Februar 2024 um 14:19 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Nein, da trügt Dich Deine Erinnerung. Nach B's Tod wohnte ja dessen Witwe noch dort. Gerda wiederum brauchte kein Atelier, sie hatte sich nach dem Tod ihrer Eltern in derem Haus in der Flensburger Straße ein großes, helles Atelier eingerichtet.
Nach Kriegsende hatte Gerda Bettermann zunächst künstlerisch bewundert, auch wenn sie dessen Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten kannte. Er malte damals schon im großen Format, während sie bei den Eltern wohnen musste und kein richtiges Atelier hatte – sie hatte ja erst kurz vor Kriegsende ihr Studium an der Kunsthochschule abgeschlossen. Bettermann war lange Vorsitzender des Berufsverbandes Bildener Künstler in SH. Gerda war auch eingetreten und bekam dort B's Verhalten gegenüber missbeliebigen Kollegen mit. Das war der Grund für ihren Austritt aus dem BBK und dem Bruch mit Bettermann. Der inszenierte sich als NS-Opfer und biss alle abstrakten Maler weg…. (vereinfacht dargestellt).
Herzliche Grüße an alle
Nicolaus
s. auch mein Artikel im e-Journal Kunstgeschichte:
https://www.kunstgeschichte-ejournal.net/253/
Ramona Wöhrl
22. Februar 2024 um 19:58 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Sehr geehrte Frau Borkenstein, wären Sie so nett und können uns die genaue Anschrift der Schule benennen?
Vielen Dank
admin
22. Februar 2024 um 20:38 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Nach der Beschreibung zum Foto dürfte es die Dorfstraße 40 sein.
Dort befindet sich heute die Wohneinrichtung „Lindenhof“ des St. Nikolaiheims.
Runa Borkenstein
22. Februar 2024 um 18:46 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Ab 1967 war die Schule von Winnemark für ein paar Jahre mein Zuhause.
Genauer: eine der Dienstwohnungen.
Mein Vater war Nachfolger von Herrn Taege,
der als Schulleiter nach Eckernförde wechselte.
Es war eine Grund- und Hauptschule mit mindestens 2 Klassen.
Sundsacker (eine Förderschule) gehörte als Außenstelle dazu.
In Kappuzzle 602 gab es hier einen kurzen Kommentardialog zu dem Thema.
Link: https://www.schulzeitreisen.de/kappuzzle-602/#comment-47439
Vielleicht gibt's im Gasthof Victoria, evtl. von den ehemaligen Wirtsleuten,
Informationen über Zeitzeugen und diesen tragischen Unfall.
Ende der 60er Jahre sorgte dann ein Radweg
zwischen Winnemark und Scharfeck für mehr Sicherheit.
admin
22. Februar 2024 um 18:50 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Wo genau war denn die Schule und was war die LIO 26?
admin
22. Februar 2024 um 20:13 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Danke für die Antwort und das Foto. Habe ich gleich an den Beitrag angehängt.
Eckehard Tebbe
25. Februar 2024 um 11:30 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Vorher war Herr Taege Rektor der Schule in Börentwedt, wo ich zwei Jahre die Grundschule besuchte (meine Lehrerin: Frau von Horn, Dietrichs Mutter). Herrn Taeges Sohn Klaus ging in meine Klasse.
Jürgen Weber
22. Februar 2024 um 17:48 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Ich weiß nicht, wo schon recherchiert wurde, aber den Namen der Schule in Winnemark und die genaue Lage der Schule, sollte man über das Kreisarchiv Rendsburg-Eckernförde herausbekommen können. Hoffe ich zumindest. Das Archiv, dass auch die Akten des alten Kreises Eckernförde bis 1970 verwahrt, ist seit 2015 hauptamtlich besetzt und gut erreichbar: Link: https://www.kreis-rendsburg-eckernfoerde.de/kreisarchiv
Eine Schulliste des Kreises müsste es dort geben. Da der bedauernswerte Junge laut Zeitungsbericht 9 Jahre alt war, dürfte er Grundschüler gewesen sein. In Winnemark wird es wohl nur eine Grundschule gegeben haben. Aber das wird man im Archiv rausbekommen. Wo die Schule war, müßte dort anhand der Adresse ermittelt werden können, zumindest aber anhand von Orts- oder Kreiskarten gefunden werden können. Personalakten von Schulleitern müssten im Landesarchiv liegen. Aber dort den Herrn Taege zu suchen, wird wohl gar nicht notwendig sein.
Den Weißen Schwan zu lokalisieren, wird vermutlich von auswärts schwieriger sein Es gibt aber in Winnemark den Gasthof Victoria seit den 1950ern. Wenn man dort mal anruft, findet man vielleicht jemanden, der sich an die frühere Konkurrenz vom Weißen Schwan erinnert (falls das eine Gaststätte war). Soviel nur für den Fall , dass hier nicht sowieso jemand alles aus eigener Anschauung beantworten kann.