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Apr 24 2024

„Innovative“ Nestle-Produkte

Abfüllanlage für NESCAFÉ in Dosen (1959)

Wegen der der Einführung des Gefriertrocknungsverfahrens Mitte der 60er-Jahre wurde bei der Nestle in Kappeln die Produktpalette ausgeweitet auf andere Erzeugnisse, z. B. verschiedene Pulver für Getränkeautomaten. Der maschinelle Abfüllvorgang blieb aber im Prinzip gleich.

Was dabei alles schiefgehen konnte, erfahren wir in den

Nestle-Erinnerungen (2)
von Bernd Koch

Auf dem Foto sieht man eine Mitarbeiterin an einer Maschine und eine Vorrichtung, die von oben auf die Maschine zuläuft.

Durch diese Vorrichtung floss auch das Pulver für die Tüten der Automatengetränke. Oberhalb der Abfüllung befanden sich in einer Art Bunker die Produkte für die Abfüllung in Behältern, die dann von Mitarbeitern auf die Abfüllung gekippt wurden. So weit so gut!

Die Kontrolle lief über das spezifische Gewicht. Pro Stunde kam eine Mitarbeiterin mit einer Tüte ins Labor, das Pulver wurde in einen Trichter geschüttet und mittels einer Kurbel 30-mal „gepresst“. Dadurch entwich die Luft und man konnte feststellen, ob das Pulver in dieser Hinsicht in Ordnung war. Jedes Pulver hatte ein anderes spezifisches Gewicht.

An diesem Tag lief parallel die Abfüllung von Schokopulver und Nescafé.
In einem anderen Raum stand ein Behälter mit Wein. Es sollte Weinpulver hergestellt werden für Maggi-Soßen. Dieser Tank war für den Arbeiter vom Abfüllpulver leicht zu erreichen und er löschte seinen Durst. Er muss wohl sehr durstig gewesen sein, denn mit der Zeit ist bei ihm wohl alles aus dem Ruder gelaufen. Er brachte es fertig, Kaffee- und Schokopulver zusammenzukippen, und unten wurde fleißig abgefüllt.

Es kam, wie es kommen musste. Bernd Koch stellte fest, dass das spezifische Gewicht nicht stimmte. Zum Glück war es Freitagabend und die mir gebrachte Probe war die letzte vor Feierabend. Die Proben davor waren ja in Ordnung und so mussten ja „nur“ die Tüten der letzten Stunde geprüft werden, um den Zeitpunkt der Vermischung festzustellen. Es mussten also umfangreiche Messungen vorgenommen werden und natürlich auch gekostet werden.

Ich hatte am nächsten Tag Wochenenddienst und war morgens schon um
6 Uhr im Labor, als die interessante Aktion begann. Eine Mitarbeiterin des Labors machte Getränke aus den Tüten fertig und die Verkostung durch Labor- und Fabrikationsleitung unter tatkräftiger Unterstützung durch den Laborgehilfen begann. Auf diese Weise konnte man feststellen, ab wann die Vermischung stattfand. Interessant war, wie gut stellenweise die Mischung schmeckte. Dies war der Anlass für den Laborgehilfen Koch, vorzuschlagen darüber nachzudenken, ob man nicht ein neues Getränk auf den Markt bringen soll.

Dies kam bei den Herrschaften nicht gut an. Humor war verpönt. Eine Woche später war ein führendes Mitglied aus der Schweiz in Kappeln. Ich hatte für ihn immer die Zutaten für seine Versuche abgewogen und zu ihm ein gutes Verhältnis. Ich machte ihm den Vorschlag mit dem neuen Produkt aus Spaß. Er lachte und meinte das könnte man ja mal ins Auge fassen. Wie gesagt, alles aus Spaß!

Sehr viel später war ein ähnliches Produkt auf dem Markt, aber sicherlich nicht auf Grund eines im Spaß gesagten Vorschlags auf Gehilfenbasis im Alter von 23 Jahren unter Mithilfe eines Arbeiters, der die Verkostung von Wein übertrieben hatte.

Der besagte Kollege wurde fristlos entlassen, obwohl er schon 20 Jahre im Betrieb war! War damals alles möglich, auch bei Verletzung der Aufsichtspflicht.

3 Kommentare

  1. Heino Küster

    Tolle Erinnerungen, danke, weiter so, Bernd! ;-)

  2. Katr!n Wummel

    Dank dir, Laborgehilfe Koch (dein Name ist Programm) ;-)

    1. Bernd Koch

      Ich habe zu danken für das Interesse und die Meldung!

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