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Jul 14 2023

’73-er Klassentreffen 2023

Abi ’73 – 50-Jahre-Jubiläums-Klassentreffen

Am 7. Juli 2023 traf sich der Abi-Jahrgang 1973 der Klaus-Harms-Schule in Kappeln, um sein 50-jähriges Jubiläum zu feiern.

’73-er Klassentreffen 2023 - Foto: xxx

Ein halbes Jahrhundert
von Elisabeth Bonsen

Ein strahlender Sommertag. Wie wird es sein? Wen werde ich erkennen und wer mich?

Hoffentlich wird niemand sagen: „Du hast dich gar nicht verändert.“ Dann muss Brecht herhalten: „Oh, sagte Herr K. und erbleichte.“ Welche Erinnerungen werden sofort auftauchen?

Welche werden einfach im Halbdunkel bleiben. Wem möchte ich unbedingt noch etwas sagen?

Am Hafen ist der Treffpunkt und die ersten Menschen trudeln ein. „Du bist doch…“ Haben wir nicht…“ Und so geht es weiter. Einige erkennt man, andere geben sich zu erkennen. Freude und Staunen auf vielen Gesichtern.

Auf dem Sonnendeck des Schiffes nach Schleimünde fügen wir, die Abiturienten und Abiturientinnen des Jahrgangs 1973, uns in Gruppen zusammen. Und dann geht die Reise los.

Weißt du noch, „Der Knabe im Moor“? Wir haben das Gedicht vorgetragen und versucht ihm Farbe und Leben zu verleihen. Wir waren in der 5. Klasse. Oder doch in der 6.? Egal. Zumindest waren wir im Raum 4 und der Geruch nach Pausenbrot, Kreide und ein bisschen auch nach Angst vor den Anforderungen ist sofort wieder da. Ebenso wie die Erinnerung an unseren Lehrer Herrn Blieske, den wir so gemocht haben.

Weißt du noch, als wir im Lateinunterricht Herrn von Lonski auf dem Stuhl vor unseren Augen zusammensinken sahen? Irgend jemand hatte sich einen Scherz mit ihm erlaubt und die Beine des Möbelstücks angesägt. Unser Erschrecken, und eine Stille wie nie. Das war doch im Raum 7, oder? Da ist der Geruch nach nasser Kleidung und Furcht vor dem, was nun folgen könnte, sofort wieder da. Und auch der Wutausbruch des Lehrers, der sich uns nachhaltig eingeprägt hat.

Erinnerst du dich noch an den Kunstraum ganz oben unterm Dach und Frau Panknin, die immer so besonders schön gekleidet war? Eine echte Erscheinung war sie, und dabei zugleich etwas unnahbar. Auch der Geruch dieses Raumes nach satten Farben und Holzfußboden ist sofort präsent.

Erinnerst du dich noch an den Deutschunterricht von Dr. Schnoor? Er hat uns mit den Klassikern vertraut gemacht, aber Heinrich von Kleist habe ich bis heute nicht verstanden. Er war es auch, der uns in die Psychoanalyse einführte, die wir alle flugs auf andere anwandten und uns dabei ganz toll fühlten.

Und ich erinnere mich, ihr hattet in Kappeln bereits eine eigene Wohnung, in der wir uns in den Freistunden und nachmittags bei billigem Rotwein und Weißbrot von Bäcker Ehlers zu hitzigen Diskussionen trafen. Eine Schule neben der Schule.

Weißt du noch die Feten nach dem Abitur? Wir haben bei euch auf dem Strohboden gefeiert und waren eine Woche im Ausnahmezustand, weil jeden Abend etwas los war und wir unser Glück kaum fassen konnten, endlich frei zu sein – was immer wir darunter auch verstanden.

Die wunderschöne Schleilandschaft zieht an uns vorbei. Heute haben wir nicht viel Aufmerksamkeit für sie. Bei den Gesprächen über all das Vergangene tritt sie in den Hintergrund.

Wir sind zurück in Kappeln und wieder in der Gegenwart angekommen. Viele Fragen sind beantwortet, Erinnerungen ausgetauscht und verglichen. Manchmal stimmten sie überein und manchmal waren sie ganz unterschiedlich. Das passiert nach 50 Jahren.

Eine Fahrt in die Vergangenheit, in eine Phase unseres Lebens, mit Menschen, die füreinander prägend waren, neigt sich dem Ende zu. Ein halbes Jahrhundert ist vergangen.

Es war schön.

P. S. Ein ganz herzlicher Dank geht an Jürgen Kirchmayr, der dieses Treffen initiiert und organisiert hat.

’73-er Klassentreffen 2023 - Foto: xxx

Bildergalerie: ’73-er Klassentreffen 2023

Die Urheber-Namen zu den Fotos wurden so vermerkt, wie sie eingesandt wurden. Manchmal hat der Fotograf aber auch die Kamera aus der Hand gegeben, um selbst mit aufs Bild zu kommen. wink

Anmerkung: Wegen des Ferienbeginns konnten wohl nicht mehr alle Einverständnis-Rückmeldungen eingeholt werden. Wenn jetzt jemand von euch mit der Veröffentlichung eines oder mehrerer Fotos nicht einverstanden sein sollte, möge sie/er es mir bitte direkt mitteilen unter admin@schulzeitreisen.de.


Besonderheiten des Jahrgangs 1973
von Jürgen Kirchmayr

Kurzschuljahre nach 1964: Während unserer Schulzeit wurde der Versetzungstermin von Ostern auf den Herbst vorverlegt. Heute wäre es eine Katastrophe, damals wurde hemdsärmeliger vorgegangen: In den Fremdsprachen wurden etliche Lektionen einfach weggelassen, in Mathematik z. B. nur die notwendigsten Themen behandelt. Insgesamt haben wir es kaum bemerkt, unser Abitur kam nur etwas früher, und wir waren etwas eher fertig – sehr schön.

Wir waren der erste und einzige Jahrgang der 1971? einen 3-tägigen Schulstreik organisiert hat. Der wurde aber nicht für die Freizeit missbraucht sondern für heiße Diskussionen in Arbeitsgruppen über die Zukunft der Schule und für die Produktion von Flugblättern. Dies war relativ einfach möglich, da der damalige Schulsprecher Karsten Klüver der Sohn des Schulleiters war. Auf diese Art und Weise konnten die Schulräume und -hilfsmittel genutzt werden, der Schulleiter war immer bestens über alle geplanten Aktivitäten informiert, und wir machten unsere Erfahrungen mit einem Streik, führend beteiligt waren Ulli Freiwald und Karsten Klüver.

Wir kamen als erster Jahrgang in den Genuss der „reformierten Oberstufe“. Kappeln bekam den Status einer „Testschule“, in der die neue Oberstufe ausprobiert werden konnte. Dabei wurden die alten Klassenstrukturen aufgebrochen und durch ein Kurssystem ersetzt. Jeder konnte 2 Hauptfächer (=Leistungskurse) wählen und musste sie durch entsprechende Grundkurse ergänzen, für die allermeisten von uns ein großer Vorteil. Das neue System führte für uns zu einem „Jahrgangsgefühl“, das bis heute anhält. Die heute viel gelobte offene Ganztagsschule gab es damals in Form von AGs übrigens auch schon im Ansatz.

Es gab keinen Abiball mit teurer Kledage oder eine feierliche offizielle Übergabe der Zeugnisse. Jeder holte irgendwann sein Zeugnis im Büro bei Frau Beyrauh ab. Gefeiert wurde natürlich trotzdem eine Woche lang, aber eben im privaten Rahmen, so fand eine Feier bei Dieter Rackow im Garten statt, eine andere am Strand usw.

Die Fotos, die Jörg Stöckel gemacht oder erhalten hat, hatte er allen Beteiligten zum Download zur Verfügung gestellt. Darunter befanden sich auch zwei Video-Schnipsel von 3 bzw. 19 Sekunden.

Letzteres (gefilmt von Holger Mordhorst) habe ich aus Bild-rechtlichen Gründen nochmals gekürzt, 11-mal vorwärts und rückwärts hintereinander kopiert und mit dem Sommerhit des Jahres 1973 unterlegt. Viel Spaß!

Gilbert O’Sullivan ~ Get Down (1973)

2 Kommentare

  1. Runa Borkenstein

    "Goldenes" Treffen!

    Es war eine so wunderbar lebendige und freudige Kommunikation unter uns „Goldenen“,
    bzw. allen Teilnehmenden, die mit dieser Gruppe in Beziehung stehen.

    Wir konnten den 'Spirit' von Offenheit und (Menschen)Heimat,
    der im SZR-Beitrag "100 Jahre KHS – Festakt" beschrieben wird,
    spüren und umgeben von Wasser und wunderschöner Schleilandschaft genießen.

    Herzlichen Dank Euch allen
    Runa

  2. Dietrich von Horn

    Ich kenne niemanden aus eurer Gruppe, aber der zu Herzen gehende Text von Elisabeth hat mir sehr gefallen.

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