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Mai 18 2024

Bilderrätsel Nr. 765 – Die Schleipiraten

Junge Menschen in einem Segelboot auf der Schlei.

Frage: Woher stammt dieses hübsche Motiv?

Die Schleipiraten

Bilderrätsel Nr. 765

Das beliebte Jugendbuch „Die Schleipiraten“ erschien Anfang der 1930er-Jahre und wurde mehrfach neu aufgelegt.

Die SchleipiratenDie SchleipiratenDie Schleipiraten

Der Autor Günther Grell wurde 1912 in Schleswig geboren. Sein Vater war ein vielseitig interessierter und engagierter Kultur- und Theaterfreund, dessen Leidenschaft darüber hinaus dem Segelvergnügen auf der Schlei galt.

Beides – kulturelle Werte und die Begeisterung für den Segelsport – haben den Sohn nachhaltig geprägt.

Schon während seiner Studienzeit 1931-1935 in Berlin veröffentlichte er u. a. „Die Schleipiraten“ sowie sein erstes Fachbuch „Ran an den Wind“. Es folgten viele weitere Werke wie z. B. das über Deutschland hinaus bekannte Segel-Lehrbuch „Heut‘ geht es an Bord“.

Da Günther Grell kein Mitglied der NSDAP war, erhielt er anfangs keine Zulassung als Kulturschriftleiter, sondern durfte lediglich Buchbesprechungen veröffentlichen.

1938 wurde er dann aber Redakteur und ein Jahr später „Schriftleiter“ der Zeitschrift „Die Yacht“, für die er auch von 1949 bis 1960 als Chefredakteur verantwortlich war.

Günther Grell - Publikationen

Illustriert wurden die „Schleipiraten“ und andere Bücher von dem mit Grell befreundeten Maler und Zeichner Arnd Georg „Age“ Nissen aus Rinkenis an der Flensburger Förde, aus dessen Nachruf von 1963 in der „Yacht“ ich hier zitiere.

Günther Grell (1912-1963)Günther Grell ist allen, die das Wasser lieben und eine Schot in die Hand nehmen, seit langem ein Begriff… Seine ganze Liebe galt dem Wasser und dem Segelsport. Immer wieder hat er neu und frisch in Artikeln, Schriften und Büchern dieses Thema geformt. Er hatte sich ein fachliches Wissen erworben, das in Deutschland wohl einmalig ist…

Schon als Schüler schrieb Grell Reportagen und Berichte für Zeitungen … und bald entstanden Novellen und Erzählungen, später Romane. Wenn in den beiden schönen Büchern „Die Seejungfrau“ und „Dazwischen lag das Meer“ die Handlung noch an das Segeln gebunden war, so behandelte er in den Romanen „Arne Postgraf“, „Die Muse des Herrn Johannes“ und „Die Söhne Noahs“ rein menschliche Themen, und hier zeigte sich die Kraft seiner Sprache…

Wer ihn in seinem schönen Haus in Schleswig besuchte – der Stadt, in der er geboren wurde, in der er lange gewirkt hat und in der er jetzt auch beigesetzt ist –, der erst wird ihn richtig verstanden haben. Da fühlte er sich wohl in seiner Familie, da konnte er arbeiten und planen, umgeben von seinen Büchern und Bildern, und täglich ging der Blick auf die geliebte Förde und den schönen Dom.

Zurück zum Buch, auf das ich vor Jahren bei Gerd Tams aufmerksam wurde. Kein Wunder also, dass er es erkannt hat. Ansonsten wurde es nur von Regina entdeckt.

Es ist in Fraktur-Schrift gedruckt, die ich zwar – im Gegensatz zu Sütterlin-Handschrift – gut lesen kann, die aber in Bezug auf Texterkennung bis vor einigen Jahren große Probleme bereitete.

Das hat sich dank KI inzwischen geändert. Deshalb habe ich mal das Inhaltsverzeichnis und das erste Kapitel gescannt und biete es euch hier als Leseprobe an.

Günther Grell

Die Schleipiraten

Eine vergnügliche Jungengeschichte
mit Seewasser und feuchten Abenteuern

Inhalt

Mäuse genug und doch kein Boot!
Lupus hat einen Einfall
„Idonta“ bringt Glück
Aber nun kommt das Glück!
Die Schleipiraten erobern einen Rollschinken
Nur eine Landratte, aber der Junge ist richtig
Ein Affe an Bord?
Gustav in großer Form
Hilfe, Hilfe, ich ertrinke!
„Hallo, ,Wiking‘! Drehen Sie sofort bei!“
Ein merkwürdiger Fund
Mister Dolittle interessiert sich für Kiebitzeier
Der Frankfurter gerät in große Versuchung
Gustav fällt aus der Rolle
Wir haben uns versegelt!
Hallo, wo sind wir?
Gefangen!
„Greif“ greift ein
S–O–S–Schmuggler!
Wo aber ist der „Wiking“?
Lupus gibt ein Interview

Die Schleipiraten - Kapitel 1 - Zeichnung: Arge Nissen

Mäuse genug und doch kein Boot!

„Es muß endlich was geschehen“, sagt Lupus und setzt den Pinsel ab. „Das ist meine Meinung. Jetzt ist der Frühling da, und wir haben immer noch kein eigenes Boot. Ich sage euch, ich komme noch um, wenn ich wieder den ganzen Sommer in Elias seiner alten Mietkutsche nur hier eben ein bißchen im Schleibecken ´rumkutschieren soll! Man will doch endlich mal weiterkommen, mal ein bißchen hinaus und was Vernüftiges anstellen, das sich lohnt und das Sinn hat. Wer will vielleicht behaupten, daß wir nicht ebensogut segeln können wie mancher andere, der sich wunder wie groß damit tut?“

Auch Gustav und Kurt hören mit der Arbeit auf. Die drei sind dabei, der „Christine“, einem großen Segelboot, das dem Bootsvermieter Elias gehört und jetzt auf Land liegt, den Frühjahrsanstrich zu geben. Das tun sie, weil es ihnen Spaß macht, dem alten Elias zu helfen, und weil sie sich nun doch einmal den ganzen Tag am Hafen bei den Booten herumtreiben. Im Sommer segeln sie die Leute mit der „Christine“ auf das andere Schleiufer hinüber.

„Die Gemeinheit dabei ist ja“, brummt Gustav, „daß wir einfach nicht beweisen dürfen, was wir können, weil Elias uns mit seinen Kähnen nicht weit genug fortläßt. Ich hab‘ manchmal ’ne Knallwut!“ Dabei taucht Gustav den Pinsel wieder frisch in die Farbe und pinselt wütend drauflos.

„Gib man nicht so an!“ sagt Kurt. „Gerade ihr beide seid schon oft genug die Schlei hinuntergesegelt, aus Schleimünde heraus und auf die Ostsee. Ich wollte, ich wäre schon so oft mitgenommen worden wie ihr!“

„Was ist das schon?“ entgegnet Lupus geringschätzig. „Mal mitgenommen werden! Doch das verstehst du ja nicht, daß man auch mal selbst losschippern möchte, um selbst zu sehen, wie alles ist, um selbst was zu leisten und dabei einen Kahn unter den Füßen zu haben, wo man sein eigener Reeder und selbst Kapitän ist. Alles andere ist halber Kram, das sage ich!“

Die Arbeit kommt heute gar nicht recht voran. Elias kann diesmal mit seinen Helfern nicht zufrieden sein, wenn er zurückkommt; die drei erzählen sich heute zu viel. Die alte „Christine“, die bereits ihre fünfundzwanzig Jahre auf dem Buckel hat, möchten sie übrigens schon haben, aber schließlich wären sie auch mit Elias‘ „Ella“, dem kleinsten Segelboot, zufrieden. Ja, wenn sie nur eines der Ruderboote hätten! Man könnte einen Kiel darunter setzen, ein Segel dafür nähen und richtig damit segeln.

„Wißt ihr“, sagt Gustav endlich nach langem Hin und Her, „wir kaufen uns einfach ein kleines Boot. Wir müssen uns das Geld zusammensparen und uns dazu irgendwie etwas verdienen. Bis zum Sommer haben wir dann genug beisammen, um einen kleinen Kahn kaufen zu können. Wenn man uns anders nicht losläßt, gut, dann machen wir uns eben selbständig – fertig!“

„Ja, aber wie sollen wir …?“ will Kurt einwenden.

„Machst du mit oder nicht?“ fragt Lupus scharf.

„Natürlich mache ich mit, wenn ihr meint, daß es geht“, beeilt sich Kurt zu sagen.

Dann lassen sie Pinsel und Farbe liegen und beraten, wie sie Geld verdienen können. Ein bißchen hat ja jeder schon in seiner Sparbüchse; dazu kommt das Taschengeld, von dem ab heute kein Pfennig mehr ausgegeben werden darf, und dazu muß nun eben noch etwas verdient werden. Lupus zieht Bleistift und Papier aus der Tasche und zählt die vorhandenen Mittel zusammen. Für den Anfang immerhin etwas, aber wie noch mehr verdienen?

Sie finden schnell eine Verdienstquelle. Gustav und Lupus sind mit Fräulein König, die schräg gegenüber von ihnen wohnt, ein wenig befreundet. Fräulein König wohnt in einem großen, altmodischen Hause. Da gibt es eine Unmenge von Ecken und Winkeln, in denen sich Ratten und Mäuse in großen Mengen herumtreiben. Fräulein König aber fürchtet sich vor Mäusen und Ratten und kann es nun einmal nicht vertragen, daß das Getier so überhand nimmt, und die fetten Ratten schließlich am hellen Tage frech über den Hof und durch die Gänge laufen. Nein, so was auch! Seit langem hat sie Gustav und Lupus ins Vertrauen gezogen und als Preis für jede erlegte Maus fünf Pfennig, für jede gefangene Ratte zehn Pfennig ausgesetzt, die sie ordnungsgemäß bezahlt, wenn ihr die toten Tiere vorgelegt werden.

Die drei kaufen sofort eine neue Rattenfalle, da die alte von den Tieren verschleppt worden ist, und machen sich dazu noch mit einer Luftbüchse auf die Ratten- und Mäusejagd, so daß sich Fräulein König über ihren neuen Eifer nicht wenig freut und jedesmal aus dem Fenster guckt, wenn es in irgend einer Ecke geknallt hat. „So ist’s recht“, sagt sie, „ nur immer ordentlich aufgeräumt unter dem Ungetier! Man ist ja davor in seinem eigenen Hause nicht mehr sicher.“

Die Jungen sperren die Katze, die ihnen schon immer böse Konkurrenz gemacht hat, in eine Bodenkammer ein und fangen in den ersten Tagen nicht wenig. „Junge, Junge!“ sagt Gustav jedesmal, wenn er eine tote Maus oder eine tote Ratte am Schwanz hochheben kann, „Junge, Junge, wenn wir nur erst unsern Kahn haben!! Doch als sie am Sonnabend den Ertrag von den Fängen einer ganzen Woche ausgezahlt bekommen, macht er ein ganz anderes Gesicht, und auch Lupus schmunzelt nicht mehr wie all die Tage schon. Nur Kurt meint triumphierend, als sie bloß drei Mark für alle ihre Mühe bekommen, das habe er schon immer gewußt, daß aus dem Boot nichts werde.

„Döskopp!“ sagt Gustav nur verächtlich und auch ein wenig wütend, und Lupus macht sich daran, auszurechnen, wieviel Geld sie auf diese Art bis zum Sommer zusammenhaben würden. Es würde nicht einmal halb dazu langen, um das kleinste und schlechteste Boot zu kaufen.

Kurt grinst. Hat er vielleicht nicht recht gehabt?

„Es nützt doch nichts“, sagt Lupus. „Mäuse und Ratten gibt es hier ja genug, aber selbst wenn wir alle Katzen aus der Nachbarschaft einsperren und auch anderswo die Mäuse wegfangen und sie uns von Fräulein König bezahlen lassen, wir bekommen immer noch kein Boot dafür.

Und dabei bleibt es. Sie lassen die Katze wieder aus der Bodenkammer heraus und gehen Fräulein König, der sie nun nicht mehr die Mäuse wegfangen, sorgsam und schuldbewußt aus dem Weg. Doch Fräulein König ist gar nicht so; sie lädt die drei zu Kaffee und Kuchen ein und meint, sie finde es ganz in der Ordnung, daß die Jungen sich jetzt etwas mehr um die Schularbeiten bekümmerten, wo doch Ostern vor der Tür stehe. Und die letzte eifrige Jagd habe auch schon ganz gut geholfen, ihr sei seit Tagen keine fette Ratte mehr auf dem Hof begegnet. Gott sei Dank!

Gustav und Lupus sehen sich verstohlen an. Das war ja überhaupt nicht wegen der Ratten- und Mäuseplage, sondern wegen des Bootes, das sie sich kaufen wollen. Doch das braucht man dem Fräulein natürlich nicht gleich auf die Nase zu binden.

21 Kommentare

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  1. Runa Borkenstein

    Ein wunderbarer Buchtipp,
    … lebendige Bilder, die beim Lesen entstehen,
    man sitzt sofort inmitten der Jungs in der Bootshalle…
    steht jetzt bei den TAUSCHTICKET – Suchaufträgen!

  2. Panthel, Hans-Werner

    Schade, online in Antiquarien ausverkauft

    1. admin

      Ja, das ist schon bemerkenswert. Während die meisten anderen Bücher von Günther Grell z.T. noch für „kleines Geld“ verfügbar sind, taucht dieser ehemalige „Bestseller“ der Jugendliteratur nur alle Jubeljahre mal auf und kostet dann auch gleich 40-50 €.

  3. Panthel, Hans-Werner

    Literatur zur Segelolympiade 1936

  4. Maren Sievers

    "Unwiederbringlich"
    von Fontane?

    1. admin

      Ganz so alt ist das Buch nun auch wieder nicht. Wie schon gesagt: 1930er-Jahre.
      Mein Exemplar ist von 1941.

      1. Heino Küster

        Kappeln noch mit Pontonbrücke (?)

  5. Runa Borkenstein

    Schulbuch für "Heimatkunde"

    1. admin

      Es ist ein Roman.

      1. Runa Borkenstein

        danke, auch für diesen Tipp
        doch egal w as ich auch (ein) tipp
        nix "Roman Segeln Ostsee Schlei"
        ist was aus den 1930ern dabei

  6. Panthel, Hans-Werner

    Festschrift aus 1936 zur Einweihung der neuen Seglerbrücke des ASC in Kappeln.

  7. Gerd Tams

    Aus "Die Schleipiraten"

  8. Regina Blätz

    „Die Schleipiraten“ von Günther Grell

  9. Regina Blätz

    Ein Segel-Lernbuch für kleine Piraten?

  10. Heino Küster

    Ein Buch… (?)

    1. admin

      Ja!

  11. Runa Borkenstein

    Arnis Heimatverein

  12. Konrad Reinhardt

    Bootsvermietung Michaelis

    1. admin

      Könnte zeitlich sogar hinhauen, denn das Bild stammt aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts.

  13. Maren Sievers

    Holztafel auf irgendeinem Campingplatz

  14. Michaela Fiering

    Postkarte?

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