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Mai 17 2024

Mittelschul-Erinnerungen

Jetzt habe ich wieder einmal ein paar schöne Schulzeiterinnerungen aus Kappeln anzubieten.

Da es um die Mittelschule geht, vorab ein kurzgefasster Überblick über die Schulleiter nach dem Dritten Reich.

Mittelschulrektor von 1947 bis 1958 war Ewald Schnauer. Ab 1942 hatte er bereits Rektor Adolf Albers vertreten, der als Major im Zweiten Weltkrieg unabkömmlich war.

Als Herr Schnauer einige Zeit vor seiner Pensionierung schwer erkrankte, wurde er zunächst von Konrektor Otto Schmidt (Vater von Gerda Schmidt-Panknin) und dann von Konrektor Gustav Wiese vertreten, bis 1959 der allseits bekannte Wolf-Dietrich Jägel neuer Mittelschulrektor wurde.

Um Letzteren geht es hier ausnahmsweise einmal nicht, sondern um die anderen drei, die in den Fünfzigern für die Leitung der Mittelschule in Kappeln verantwortlich waren.

Zur Einleitung des nachfolgenden Beitrags noch einmal ein (aufbereitetes) Klassenfoto von 1956.

Vor den Schülerinnen und Schülern präsentiert sich in der ersten Reihe nahezu der komplette Lehrkörper der Mittelschule..

Mittelschule Kappeln – Abschlussjahrgang 1956

1. Behrent, 2. Petersen, 3. Rasenack, 4. ?, 5. Heitmann, 6. Klinge, 7. Wiese, 8. ?,
9. Schnauer, 10. Schmidt, 11. Neubacher, 12. Zienecker, 13. Below (?), 14. Kressin

Die Mittelschule in den Fünfzigern
von Bernd Koch

In unser Schule herrschte folgende Situation: Unser damals heißbeliebter und akzeptierter Rektor Schnauer konnte sein Amt nicht mehr ausüben wegen Demenz. Wir Schüler wurden darüber aber nicht aufgeklärt.

Später konnte man Herrn Schnauer oft an seiner Gartenpforte stehen sehen. Man konnte ihn ansprechen, aber er wusste nicht mehr, wer sein Gegenüber war. Er wurde von seiner Tochter gepflegt.

Kurzzeitig wurde er von Konrektor Schmidt, dem Vater von Frau Panknin vertreten, bis Otto in den Ruhestand ging. Wenn man bei ihm Unterricht hatte, begann dieser mit dem Absingen folgender Lieder:

„Wenn die Sonne scheint in Texas“ und „An de Eck steiht’n Jung mit’n Tüdelband“, einer Nationalhymne aus Hamburg. Otto Schmidt tat sich auch dadurch hervor, dass er gerne im Sommer mittels Feuerzeug dazu beitrug, dass die vorgeschriebene Temperatur für Hitzefrei erreicht wurde. Wenn man später Otto in der Stadt traf, kam es schon vor, dass man mit ihm in „Schwensens Gasthof“ ging.

Nachfolger wurde Gustav Wiese als Übergang zu Jägel, den wir dann für ein halbes Jahr genießen durften. Bei seiner Vorstellung im Strandhotel mit anderen Bewerbern hat man es sehr wohlwollend registriert, dass er auch Leutnant zur See im 2. Weltkrieg war. Das nur nebenbei.

Wie komme ich nun auf Wiese? Hier liegt der Bezug wieder auf der „Kürbisbande“.  Also: Ich hatte in der Klasse eine Auseinandersetzung mit einem Mitschüler, die in eine Rangelei ausuferte. Irgendwie kam er dann nach Schulschluss mit einem zerrissenen Hemd nach Hause und klagte sein Leid seiner Großmutter, natürlich herausgeschmückt mit Überfall usw. Die Mutter reichte dann eine Beschwerde bei der Schulleitung ein.

Während der Pause ging ich mit anderen Schülern auf den Schulhof. Mir kam dann mit zwei anderen Lehrern besagter Wiese entgegen. Er schrie: „Da ist er ja, der Mann der Kürbisbande, den brauchen wir hier nicht und schon gar nicht seine Methoden!“ Wir waren baff. Mein Einwand, ich hätte nichts mit der Bande zu tun, wurde abgebürstet. Auf dem Schulhof startete das Gerücht, Bernd gehört zur Kürbisbande. Teilweise rief das Respekt und Anerkennung hervor.

Was war passiert? Es gab tatsächlich einen Bernd Koch in der Bande, dieser war aber ein von seinem Lehrherren Lanckau gut beleumundeter Maurerlehling. Man kann sehen, welche Vorurteile bei manchen Pädagogen damals vorherrschten, von der Pflicht des Lehrers zur Neutralität und Fürsorgepflicht keine Spur.

Mein Vater wollte Wiese nicht anrufen. Ich bin zu einem mir bekannten Anwalt gegangen und dieser regelte dann die Sache inclusive Entschuldigung. Mich hat damals am meisten geärgert, dass seitens der Schule anfangs nichts zur Aufklärung beigetragen wurde.

Wiese war ein Choleriker. Eine Klassenkameradin machte sich einen Scherz und heftete einen Stoffaffen hinten an seine Jacke, ohne das er es merkte und damit über den Schulhof lief. Ein Mitschüler verriet dann das Mädchen und die Folge war ein Schulverweis ohne weitere Konsequenzen. Bei einem Kappelner Geschäftsmann bekam die Mitschülerin eine Lehrstelle.

Noch etwas zu Wiese: Er war ein hervorragender Sportsmann. Seine Disziplin war Schlüsselweitwurf. Das muss trainiert werden, es ist nicht einfach, ein Schlüsselbund aus einiger Entfernung einem Schüler oder einer Schülerin an den Kopf zu werfen. Manchmal traf er trotz seiner Erfahrung nicht immer den richtigen.

Zum Abschluss noch folgendes: Ich saß in der ersten Reihe und konnte oftmals die Mischung aus Weinbrand und Traubenzucker riechen.

4 Kommentare

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  1. Konrad Reinhardt

    Bernd, wo steckst du auf dem Foto?

    Von den Lehrern sind mir folgende mehr oder weniger bekannt:
    Behrendt, Heitmann, Schnauer, Zienecker, Kressin

    1. admin

      Das ist der Abschlussjahrgang 1956. Dazu gehörte Bernd nicht.
      https://www.schulzeitreisen.de/mittelschulerealschule-klassenfotos/

    2. Bernd Koch

      Kressin war ja mehr oder weniger Dein Nachbar! Mir ist er als ruhiger sachlicher Mensch bekannt. Ich und auch andere können sich nicht an unangenehme Begebenheiten erinnern. Seine Tochter hat ja eine Ausbildung zur milchwirtschaftlichen Laborantin gemacht. Ich habe sie in der Schule Malente getroffen bei Lehrgängen. Wenn ich in Kappeln Herrn Kressin traf, hatten wir Gesprächsstoff.

  2. Dietrich von Horn

    Ja, so war es.

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