Den Mann mit der Schere kennen wir schon und auch bei dieser feierlichen Veranstaltung ist wieder warme Kleidung angesagt – es ist Oktober. Aber wenigstens regnet es nicht, so dass direkt nach der Eröffnung eine gemeinsame Begehung mit der örtlichen Bevölkerung stattfinden kann.
Es sind wirklich einmalige Bilder (Abzüge der Drogerie Schubert), die ihr wohl kaum irgendwo anders finden werdet.
Frage: Wer sind die Leute, um welche Straße geht es und wann war das?
Friedrich Wilhelm Lübke
Wormshöfter Damm | 1951
Im Oktober 1951 wurde der neue Wormshöfter Damm vom damaligen Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten Friedrich Wilhelm Lübke für den Verkehr freigegeben.
Bis dahin war Maasholm logistisch für den gesamten Warenaustausch und natürlich den Fischhandel von der Schiffsverbindung nach Kappeln abhängig, denn die einizige Landverbindung, der Wormshöfter Damm, war nicht für Kraftfahrzeuge oder Pferdewagen ausgelegt. Aufgrund ständiger Überflutungen war er letztlich selbst Fußgänger nicht nutzbar.
Ab 1950 wurde dort ein neuer höherer und stabilerer Damm für den Fahrzeugverkehr errichtet, der massive wirtschaftliche Auswirkungen für Maasholm mit sich bringen sollte.
Einige Details zu dieser „existentiellen“ Verkehrsverbindung gebe ich hier in Auszügen und gekürzt aus dem Buch „Chronik Oehe-Maasholm“ (1974) von Horst Günther Franzen wieder.
Wie abenteuerlich eine Fahrt oder auch nur eine Wanderung von Wormshöft nach Maasholm sich erweisen konnte, zeigt uns eine Zeitungsnotiz im „Schlei-Boten“ vom 4. Dezember 1889:
Der Herr Landrath aus Flensburg hat dem Besitzer des Gutes [Oehe] aufgegeben, den Weg vom Wormshöfter Damm bis nach Maasholm in einen für Fußgänger und Fuhrwerk passierbaren Zustand zu setzen. Es ist zu bewundern, daß nicht schon längst Klagen über den miserablen Zustand des Weges bei der Behörde eingegangen sind. Im Sommer ist der Weg noch einigermaßen trockenen Fußes zu passieren, aber im Winter – o weh! – wen dann nicht dringende Geschäfte nach Maasholm treiben, der bleibe daheim. Er kann erwarten, daß er im tiefen Schlamm stecken bleibt, wenigstens doch ohne Stiefel ankommt, außerdem muß er befürchten, in dem vom Wasser aufgetriebenen Seegras sich zu verwickeln, daß er nicht wieder los kann. Dabei muß er bedenken, falls er glücklich angekommen, vor Tagesneige sich wieder auf die Strümpfe zu machen, sonst könnte am Morgen sein Leichnam aus dem zur Seite des Weges laufenden Wassergraben gezogen werden.
Im Jahre 1947 bemühte sich die Gemeinde Maasholm erstmals mit Nachdruck um eine Verbesserung ihres Zufahrtsweges vom Oeher Dammeck nach Maasholm. In einem Schreiben des Bürgermeisters an die Landkreisverwaltung lesen wir:
Die Gemeinde Maasholm bittet um die Gewährung einer Beihilfe für den Ausbau bzw. die Ausbesserung ihrer Zufahrtsstraße nach Wormshöft. Dieser Weg ist für Maasholm die einzige Verbindung zum Festland. Bei starkem Hochwasser wird der Weg überschwemmt. Durch die entsprechend starke Inanspruchnahme des Weges ist eine gründliche Ausbesserung durch Aufschüttung notwendig geworden. Material und Fahrzeuge stehen der Gemeinde nicht zur Verfügung, da in der Ortschaft Maasholm keine Pferde- oder Kraftfahrzeuge gehalten werden. Sämtliches Material muß angekauft werden, und die Anfuhr einem Unternehmer übergeben werden, was die Arbeiten ungeheuer verteuert.
In dieser Zeit reifen Pläne, daß mit einer Reparatur des Weges keine dauerhafte Lösung zu erzielen sein würde. Das Kreisbauamt erarbeitete damals unter der Federführung des langjährigen Kreisbaumeisters Otterbach einen Entwurf mit dem beziehungsreichen Titel „Maasholmer – Damm – Küstensicherung – Hochwasserschutz – hochwasserfreie Straße“, der dann im Jahre 1950 zur Ausführung kam. Einige Passagen aus dem Ausführungsbericht mögen hier zu Wort kommen:
Im äußersten Osten des Landkreises Flensburg liegt in meist geringer Höhe über dem Meeresspiegel die Halbinsel Maasholm/Oehe. Sie leidet sehr häufig unter Sturmflut- und Hochwasserschäden und hat außerordentlich ungünstige Verkehrsverhältnisse. Das Fischerdorf Maasholm ist nur durch einen Weg mit dem Festland verbunden. Dieser schmale Weg liegt auf weiten Strecken so niedrig, daß er selbst bei mittlerem Hochwasser überflutet, und dann die Gemeinde Maasholm oft auf längere Zeit von jeder Landverbindung völlig abgeschnitten ist. Sie hat sich deshalb des öfteren bemüht, Abhilfe zu schaffen, was ihr jedoch mit ihren unzulänglichen Mitteln nicht nachhaltig möglich war. Ihre Teilarbeiten wurden gerade durch die häufigen Sturmfluten in den letzten Jahren immer wieder zerstört…
Der nur schwach befestigte Weg führt dicht am Ostufer des Wormshöfter Noors entlang vom Wormshöfter Damm bis zum Dorf Maasholm und hat eine Länge von rd. 1,8 km. Davon liegt die Hälfte nur ½ – 1 m über NN. Selbst bei den häufig auftretenden mittleren Hochwassern werden lange Strecken überschwemmt, so daß dann der Weg unpassierbar wird und die ganze Gemeinde nur auf den Schiffsverkehr angewiesen ist. Zudem wird der wasserseitige Rand des Weges immer wieder durch Hochwasser bis tief in die schwach befestigte Fahrbahn aufgerissen und ausgespült, so daß nach Absinken des Wassers der Verkehr stark behindert und gefährdet ist…
Wie kümmerlich die Verkehrsanbindung des Ortes sich gestaltete, kann sich jeder vorstellen, wenn er den schmalen Wanderweg parallel zur Dammstraße begeht. Er stellt nämlich noch einen echten Überrest der alten Zuwegung dar.
Die Bauarbeiten dauerten vom August 1950 bis zum Oktober 1951. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 295 000 DM, wovon die Gemeinde lediglich 10 000 DM aufzubringen hatte. An den Arbeiten, die Flensburger Firmen ausführten, leisteten Notstandsarbeiter 8 350 Tagewerke ab. Für die wasserseitige Sicherung verarbeitete man 5 000 t in der Ostsee gefischte Findlinge. Die 21 000 cbm Dammschüttung stammen fast ausschließlich von Exhöft. Dort trug man eine niedrige Steilküste ab, die sich westlich des heutigen Wanderweges befand.
Als Ministerpräsident Lübke im Oktober die neue Straße freigab, ahnte er wohl noch nicht, daß schon nach einem guten Jahrzehnt dieser Weg zu einer der meistbefahrendsten Touristenstraßen unseres Gebietes wurde.
Dafür, dass es bei diesem Rätsel keinen „Dammbruch“ gab, sorgten Heino, Klaus-Dieter, Konrad, Bernd, Katr!n, Jochen, Hans-Werner, Runa und Maren mit vielen richtigen Antworten, deren Aufdröselung ich mir bei diesem vorerst letzten Bilderrätsel aber erspare.
Bei den Herren neben Lübke kann ich selber übrigens auch nur mutmaßen.
Möglicherweise sind es der Kreisbaumeister Otterbach und der Maasholmer Bürgermeister Peter Schumacher.
Horst Günther Franzen, mit dem ich im November 2020 noch Kontakt wegen des „ältesten“ Maasholmer Hauses hatte, kann ich leider nicht mehr fragen. Er ist am 4. Mai 2021 verstorben.
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