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Dez 28 2011

Mittelschule Kappeln

Mittelschule/Realschule

Dies ist ein neuer Versuch meinerseits, allen Kappelner Schulen hier einen Platz der Dokumentation und Erinnerung zu bereiten.

Da meine bisherigen Bitten um Text- und Bildmaterial leider nicht auf Resonanz gestoßen sind, ich andererseits aber weiß, dass hier nicht nur Kappelner „Oberschüler“ mitlesen, fange ich einfach mal selbst an, und zwar mit einem Beitrag aus der ersten Ausgabe der Schulzeitschrift der Städtischen Mittelschule Kappeln/Schlei vom März 1960.

Mittelschule Kappeln (1960)

Die Geschichte dieser Schule ist noch spannender als die der Klaus-Harms-Schule, die ich hier demnächst auch weiter dokumentieren werde.

Der (von mir leicht gekürzte) Artikel, der mit den Initialen „W. D. J.“ gezeichnet ist, wurde vom damaligen Rektor Wolf-Dietrich Jägel persönlich verfasst.

Geschichte der Mittelschule Kappeln

»Als Vorläufer der vollausgebauten Mittelschule Kappelns ist die 1889 in Kappeln errichtete dreiklassige Rektorschule zu nennen. Ihre Schülerzahl war gering, die Tätigkeit des Rektors wurde gering besoldet, die Schwierigkeiten der Verwaltung und Schulführung waren so groß, die Schülerzahl so klein, daß schließlich diese Rektorschule 1898 mit der Volksschule verbunden wurde und in den dortigen gehobenen Klassen weiterlebte. 1900 entfloh der Leiter dieses Systems, Herr Wittkuhns; sein Nachfolger, Mittelschule Kappeln - Schulzeitschrift Nr. 1 (März 1960)Rektor Petersen, hielt es bis 1907 aus.

An seine Stelle trat Rektor Thomsen, der tatkräftig den Plan betrieb, die „gehobenen Klassen“ unter Einbeziehung der Klassen der sogenannten Privat-Mädchenschule allmählich in eine Mittelschule zu verwandeln. Es bedurfte aber einer Reise des Bürgermeisters und Rektors nach der preußischen Hauptstadt Berlin, bis der Plan nach und nach Gestalt annahm. Am 7. April 1915 wurde als Ergebnis der Arbeit des Rektors Thomsen die „Mittelschule für Knaben und Mädchen in Kappeln/Schlei“ als vollausgestattet anerkannt. Doch scheint die doppelte Aufgabe des Rektors Thomsen als hauptamtlicher Leiter der Volksschule und nebenamtlicher Leiter der Mittelschule sehr schwierig gewesen zu sein, so daß dieser Mann nicht ohne Grund 1924 eine Schulleiterstelle in Kiel annahm.

Sein Schlußwort hieß:

„Damit schließt meine fast 17jähige Tätigkeit an den Kappelner Schulen, die mir namentlich in der Gründung und Ausgestaltung der Mittelschule viel Freude, seit dem Eintritt des Bürgermeisters P. aber fast nur Kampf gebracht hat usw. usw:“

Immerhin hebt man jetzt formal die Personalunion in der Leitung der Volks- und Mittelschule auf, doch macht eine „Beförderungssperre“ eine Trennung illusorisch, so daß 1924 Herr Rektor Albers doch ein Doppelamt übernehmen muß. Die Volksschule zählte damals 247, die Mittelschule 169 Schüler, so daß das Gebäude der Reeperbahn ausschließlich der Mittelschule überstellt wurde und für die Volksschule ein Neubau nötig war, der 1927/28 schließlich bezogen wird. Die Protokolle und Chronikbände sprechen eine beredte Sprache über die zielbewußte pädagogische Arbeit des Rektors Albers.

Mehrfach wird der Mittelschule von den besuchenden Schul- und Regierungsräten hohe Anerkennung gezollt. In schwerer Auseinandersetzung mit der sog. „Aufbauschule“ wahrt die Mittelschule ihr eigenes Gesicht und ihre Anziehungskraft. Rektor Albers führt die Schule bis in den zweiten Weltkrieg, an dem er – zuletzt als Major – bis 1945 teilnimmt.

Wiederum stimmt jetzt die Regierung der verwaltungsmäßigen Trennung von Volks- und Mittelschule zu, wieder scheitert die Durchführung, diesmal am Lehrermangel, so daß der neue Volksschulrektor Törber seit 1940 die Mittelschule kommissarisch mitverwalten muß. Im Jahre 1942 übernimmt dann Herr Mittelschullehrer Schnauer die Geschäfte des stellvertretenden Schulleiters. Die Mittelschule, inzwischen in „Hauptschule“ umgetauft, durchlebt schwere Zeiten, der Unterricht liegt fast völlig darnieder.

Nach dem völligen Zusammenbruch des Schulwesens und der zweckentfremdeten Verwendung der Gebäude an der Reeperbahn als Lazarette beginnt am 15. Januar 1946 der Unterricht der Mittelschule unter der Leitung Herrn Schnauers. Man muß aus dem Nichts heraus aufbauen, der Bestand der Schule ist durch die starke Anziehungskraft der dänischen Privatschule vorübergehend gefährdet. Nach schweren kommunalpolitischen Kämpfen, die stark in persönliche Bereiche übergreifen, wird schließlich am 3. 12. 1947 der seit 1921 in Kappeln tätige Herr Schnauer von der Stadtverwaltung zum Mittelschulrektor gewählt. Unter seiner Leitung blüht die Schule auf, die Schülerzahl steigt, bedingt durch die vorübergehende Übervölkerung Schleswig-Holsteins, zeitweise bis auf 780 an. In der Amtszeit des Bürgermeisters Hansen beginnt man daher 1952 mit dem Neubau der Mittelschule an der Hindenburgstraße, deren letzte Klassenräume im Westtrakt 1956 bezogen werden.

Nach schwerer Krankheit wird Herr Schnauer zum 1. 10. 1958 pensioniert, nachdem Herr Konrektor Schmidt, später Herr Konrektor Wiese die Schule als Vertreter leiteten. Nach wiederum teilweise harten kommunalpolitischen Auseinandersetzungen wird am 8. Januar 1959 der 34jährige Mittelschullehrer Jägel aus ltzehoe durch die Stadtvertretung zum Mittelschulrektor gewählt…

W. D. J.«


Anlässlich der ersten Kommentare zu diesem Beitrag, die sich hauptsächlich auf die „pädagogischen“ Mittel des damaligen Rektors beziehen, hier zwei Zeitungsausschnitte zur Ernennung und Verabschiedung des Mittel- bzw. Realschulrektors Wolf-Dietrich Jägel.

Kappeln braucht gut vorgebildeten Nachwuchs

(SCHLEI-BOTE vom 27.01.1959)

»„Wir haben die Schülerinnen und Schüler dieser Schule zur Pflicht, zur Gewissenhaftigkeit, Gründlichkeit, Ordnung, Sauberkeit anzuhalten und an die Grundtugend des künftigen Facharbeiters, Angestellten oder Betriebsleiters, auch die kleinsten Arbeiten sorgfältig und sachgemäß durchzuführen, zu gewöhnen. Werden wir so eine Schule gediegener Arbeit, sicheren Könnens und menschlicher Haltung, dann tun wir unsere Pflicht.“

Mit diesen Worten umriß der neue Rektor der Mittelschule, Wolf Dietrich Jägel, gestern morgen bei seiner Amtseinführung seinen Standpunkt zur pädagogischen Arbeit an der Kappler Mittelschule

Abschließend wünschte er sich, Schüler, Lehrer, Eltern und Freunde der Schule und Behörden mögen sich „bereit finden, in Verantwortung und selbstloser Hingabe unserer Mittelschule zu dienen.“«

Verdiente Würdigung

(SCHLEI-BOTE 1968)

»Im Rahmen einer kleinen Feierstunde verabschiedete das Kollegium der Realschule Kappeln Realschulrektor Wolf-Dietrich Jägel, der nach fast neunjähriger Schultätigkeit in den Schulaufsichtsdienst des Kreises Rendsburg gerufen wurde.

Realschule Kappeln - Rektor Wolf-Dietrich Jägel (1968)

Der dienstälteste Realschulkonrektor Gustav Wiese, der nunmehr bis auf weiteres die Leitung der Schule übernimmt, würdigte die Verdienste Jägels, der während seiner Amtszeit der Realschule Kappeln ein eigenes Gepräge gab, darüber hinaus für die Belange der Realschule und der Realschullehrerschaft wirkte und ferner mehrere Schulbücher schrieb, die weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins bekannt sind. Als Erinnerungsgabe überreichte Konrektor Wiese dem Scheidenden ein Bild des Kunstmalers Bettermann.

Bürgervorsteher Kliewer dankte dem bisherigen Schulleiter für seine fruchtbare und unermüdliche Arbeit, als deren Ergebnis die Realschule Kappeln heute einen guten Ruf genießt. Ferner hob Kliewer die gute Zusammenarbeit mit Stadtvertretung und Stadtverwaltung hervor. – In seinen Abschiedsworten sprach Realschuldirektor JägeI allen Mitarbeitern der Schule für ihre verständnisvolle Unterstützung und Freundschaft seinen Dank aus.«

9 Kommentare

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  1. Schimming

    Ich habe die Realschule bis zum Abschluß besucht.
    Bei der Darstelung vermisse ich die Daten der Veranstaltungen.
    Ebenfalls hätte ich gerne Angaben über die Schülerzahl und die
    Namen von den Schülern, die mit mir zusammen die Schulzeit
    auf der Realschule erlebt haben.

    1. admin

      Hallo, wie ich eingangs in diesem Beitrag erwähnt habe, sind „meine bisherigen Bitten um Text- und Bildmaterial leider nicht auf Resonanz gestoßen“. Solange sich das nicht ändert, wird der Realschul-Anteil hier wohl weiterhin etwas stiefmütterlich behandelt werden müssen.
      Ich selbst werde in den nächsten Monaten versuchen, die Chroniken einiger (weniger) Schuljahre aus Schulzeitungen sowie einige statistische Informationen aufzubereiten.
      Welcher Abschlussjahrgang bis du denn? Und: hast du auch einen Vornamen?

      1. Schimming

        Schön von einem evtl. Mitschüler auf meine Bitte zu hören.
        Mein Vorname ist Ulrich und ich habe 1958 den Abschluss
        in der Realschule gemacht.
        Rektor Schnauer hat auf Dothmark neben uns gewohnt.
        Inzwischen hatten wir 2005 Goldene Konfirmation gefeiert.
        Vielen wird wohl Probst Hansen noch in guter Erinnerung
        sein.
        Ich bin mal gespannt wer sich noch alles meldet.

        1. Rolf Nagel

          Hallo Ulrich, ich glaub‘, das wir „mittelmäßigen“ Schüler ;-) von der damaligen „Mittelschule“ Verständnis haben müssen, das es sich hier in allererster Linie um Erinnerungen von Schüler(innen) der Klaus-Harms-Schule handelt ….; und von daher der „Komplex Mittelschule“ sicher nicht an erster Stelle stehen kann. Und – wie Achim schon ausführte – woher soll das Material kommen, wenn nicht von uns „mittleren“ Schülern ? Ich besitze leider keinerlei Material und MEINE Erinnerungen an diese Schule und MEINE (!) Zeit dort sind darüber hinaus (leider) absolut negativ. – Wie Du schreibst, hast Du bereits 1958 den Abschluss gemacht. Evtl. bist Du dann mit meiner älteren Schwester Hannelore Süverkrüpp ( später Born ) dort zur Schule gegangen. Grüsse Rolf Nagel

  2. Rolf Nagel

    Hallo ! Glückwunsch zunächst zum Aufbau dieser tollen Seite, die ich gern verfolge, weil viele Photo’s aus meiner Kappelner Kinderzeit mir leicht melancholische „Zeitreisen“ ermöglichen ! – Auch ich , der ich ab 1963 ein paar Jahre die Realschule besuchen musste, habe an den genannten Rektor Jägel die denkbar schlechtesten Erinnerungen. Wie schon im vorherigen Kommentar beschrieben, war das ein furchtbarer Lehrer, der unmittelbar und aus geringfügigen Anlässen mit Jähzorn reagierte und auch vor körperlicher Gewalt nicht zurückschreckte. – Und niemals hat – meines Wissens – einer der vielen anderen Lehrer dem etwas entgegengesetzt…., oder eingegriffen. Gerne würde ich mal wissen, was einige der damaligen Lehrer in den Zeiten des Nationalsozialismus und im Krieg so „gemacht haben“….(?)

    1. admin

      Hallo Rolf,
      schön, mal wieder von dir zu hören. In dem „anderen“ Portal hast du dich ja anscheinend abgemeldet.
      Da ich die Verhältnisse an der damaligen Mittel- bzw. Realschule nicht kenne, haben mich Hans-Werners und dein Kommentar sehr beeindruckt. Ich kann dazu nicht viel sagen, außer vielleicht, dass Jägel Jahrgang 1925 sein müsste und damit zu Kriegsende gerade mal 20 Jahre alt war, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Dass das damalige Regime und der Krieg gravierend zu Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen beigetragen haben, ist klar, aber seine pädagogische Ausbildung wird er sicher erst in der Nachkriegszeit absolviert haben.
      Wenn das, was ihr beschreibt, dabei herausgekommen ist, um so trauriger.
      Ich habe aufgrund eurer Kommentare den obigen Beitrag um zwei Zeitungsartikel ergänzt. Bemerkenswert finde ich, dass er sich für die Belange der Realschule und der Realschullehrerschaft eingesetzt hat bei allen Mitarbeitern der Schule bedankt hat. Schüler kommen in den Artikeln – außer als pädagogisches Objekt – nicht vor. In seinem pädagogischen Ansatz finden sich nur die „bewährten“ deutschen Tugenden wieder, Begriffe wie Miteinander, Freiheit und Demokratie sucht man vergeblich.
      Wenn ihr mit euren Beschreibungen recht habt – und daran habe ich keinerlei Zweifel – mag er sich so viele Verdienste erworben haben, wie er will, aber ein Vorbild für seine Schüler kann er wohl kaum gewesen sein.
      Achim

      1. Rolf Nagel

        Danke für Deine persönlichen Anmerkungen ! Stimmt, ich habe mich in dem „anderen“ Portal abgemeldet.- Es war auch mir klar, das Rektor Jägel aufgrund seines Alters bei Kriegsende noch recht jung gewesen sein musste , und seine Ausbildung sicher erst anschließend gemacht hatte; aber es ist die Tatsache zu bedenken, das das Denken in nationalsozialistischen Kategorien in allen gesellschaftlichen Bereichen – also auch in Schulen und Universitäten (besonders aber in der Politik der 50er und 60er Jahre ) – einen jahrelangen Nachklang zur Folge hatte. Auch die familiäre Sozialisation der Kinder und Jugendlichen in diesen Jahren war ganz sicher in großen Anteilen, aber sicher ganz unterschiedlich starken Ausprägungen , von dementsprechenden „Wert- und Moralvorstellungen“ geprägt. – Wie nahezu überall , so wurde auch im „Mikrokosmos“ Kappeln offenbar über die Zeit des Nationalsozialismus („Arisierungen“?) ein „Mantel des Schweigens“ ausgebreitet. Ich jedenfalls habe nur „Splitter“ zu diesem Thema finden können. Stichworte: „Familie Eichwald“ und der Maler „G. Bettermann“.

        1. Rolf Nagel

          Nicht das Mißverständnisse auftauchen: Mein letzter Satz sollte keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der jüdischen Familie Eichwald in Kappeln UND dem Maler Bettermann darstellen, sondern lediglich zwei unabhängige Themenkomplexe. Bettermann soll ja – meines Wissens – durchaus eine „gewisse Nähe“ zu nationalsozialistischen Überzeugungen gehabt, sich aber später gern ganz anders dargestellt haben. Da war er ja nicht allein …..Es gab ja damals – nach 1945 – plötzlich so viele „Widerstandskämpfer“ bzw. „Seh- und Gehörlose“…. ;-).

  3. Hans-Werner Panthel

    Hallo, danke für die erweiterte Darstellung der damaligen Kappelner Schullandschaft. Lediglich beim Auftauchen des Namens Jägel erinnere ich mich noch nach knapp 50 Jahren nur an seine Strenge. So musste beispielsweise ich mich zusammen mit ca. 20 anderen Jungs in einer Reihe auf dem Schulhof aufstellen, um kollektiv für irgendeine Sache Schläge ins Gesicht zu bekommen. Zum Glück gabs auch andere.
    Hans-Werner Panthel

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